Die professionelle podologische Behandlung mit Nagelkorrekturspangen beim diabetischen Fußsyndrom hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Februar 2022 verordnungsfähig gemacht. Ab 1. Juli 2022 kann sie verordnet werden.
Für Menschen mit einem diabetischen Fußsyndrom (DFS, >300.000 Patienten in Deutschland) kann ein eingewachsener Fußnagel (Unguis incarnatus) zu schweren Infektionen führen und schlimmstenfalls eine Amputation notwendig machen. Zwei Drittel aller Amputationen der unteren Extremitäten erfolgen bei Menschen mit Diabetes mit einem diabetischen Fußsyndrom (bei etwa 50.000 Patienten/Jahr/Deutschland). Ein Grund für die weiterhin zu hohen Amputationszahlen in Deutschland ist auch, dass konservative Therapiemöglichkeiten immer noch zu wenig ausgeschöpft werden. „Nicht zuletzt ist es für manche Patientinnen und Patienten auch eine finanzielle Hürde, manche Kosten für eine nicht operative Behandlung selbst zu tragen, sofern sie nicht verordnungsfähig sind“, betont Dr. med. Sybille Wunderlich von der AG Diabetischer Fuß der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Auch deshalb begrüßt die DDG den aktuellen G-BA-Beschluss, der die Therapie mit Nagelkorrekturspangen nun zur Kassenleistung macht.
Bei der Nagelspangenbehandlung fertigen Podologen eine Korrekturspange an, die dem eingewachsenen Nagel individuell angepasst wird. Ziel ist eine mechanische Druckentlastung. Der Nagel kann dann wieder in seiner natürlichen Form nachwachsen. „Mit dieser Behandlung verringert sich die Gefahr für einen Entzündungsprozess oder das weitere Einwachsen des Nagels in umliegendes Gewebe“, erklärt Elisabeth Dalick, Diabetesberaterin und Podologin aus Aachen. Damit kann ein möglicher Teufelskreis aus notwendiger Amputation und darauffolgenden Wundheilungskomplikationen unterbunden werden.
Der aktuelle Beschluss folgt der vom G-BA erweiterten Verordnungsfähigkeit der medizinischen Fußpflege aus dem Jahr 2020. „Es ist erfreulich, dass die Gesundheitspolitik offenbar die Bedeutung von Wundmanagement und Podologie in der Behandlung des DFS erkannt hat und wertschätzt“, so Dalick. Darüber hinaus fördert ein solcher Beschluss die interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Podologen und Diabetologen, die besonders in der Versorgung des DFS charakteristisch und notwendig ist. „Das DFS ist ein komplexes Krankheitsbild, das von Beginn an einer interdisziplinären Behandlungskonzeption bedarf“, so die Podologin.
Die AG Fuß der DDG fordert seit Jahren, die vielen Möglichkeiten der konservativen sanften Maßnahmen auszuschöpfen, bevor Gliedmaßen amputiert werden. „Es gibt leider keine Heilung des DFS ‒ aber rezidivfreie Phasen, die wir so lange wie möglich erhalten wollen“, erklärt Wunderlich, Chefärztin an der Klinik für Innere Medizin an den DRK Kliniken Berlin. Umso wichtiger sei daher eine professionelle, präventive und Gliedmaßen erhaltende Therapie.
Pressemitteilung Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), März 2022
Pressemitteilung Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), Februar 2022