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Sportmedizin

Autopsiestudie: Parkinsonismus bei Profi-Kontaktsport

1.10.2024

Rezidivierende Schädelprellungen, z. B. bei Kontaktsport, können zu einer chronischen traumatischen Enzephalopathie (CTE) führen. Dabei können auch Parkinson-ähnliche Symptome auftreten (Parkinsonismus). In einer aktuellen Autopsie-Studie wurden fast 500 Gehirne von Kontaktsportlern und -sportlerinnen mit CTE untersucht, von denen ca. ein Viertel Parkinsonismus hatte. Die histopathologischen Ergebnisse deuten darauf hin, dass regelmäßige Kopfprellungen mit dem Auftreten von Parkinsonismus in Zusammenhang stehen.

Bekannt ist, dass wiederholte Schädeltraumata, wie sie bei Kontaktsportarten durch regelmäßige Kopfprellungen („repetitive head impacts“) auftreten, zum Krankheitsbild der chronischen traumatischen Enzephalopathie (CTE) führen können. Die CTE geht nicht nur mit kognitiven und neuropsychiatrischen Symptomen einher, sie kann auch eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung auslösen, bei der es zur Akkumulation von Tau-Protein und Parkinson-ähnlichen Symptomen (Parkinsonismus) kommt. Dieser Vorgang wird offensichtlich durch wiederholte Kopftraumata begünstigt, zeigt nun die aktuelle Studie einer US-Arbeitsgruppe. Demzufolge werden neuropathologische Prozesse in der Substantia nigra ausgelöst, die bei CTE zu Parkinson-ähnlichen Symptomen führen.

Die Querschnittsstudie untersuchte bei Verstorbenen, die jahrelang Kontaktsportarten (American Football, Hockey, Fußball, Ringen, Boxen, Bobfahren, Turmspringen, Lacrosse, Kampfsport, Rugby und Skifahren) ausübten und an CTE litten, die Häufigkeit von Parkinson-ähnlichen Symptomen sowie den Zusammenhang zwischen regelmäßigen Kopfprellungen, neuropathologischen Veränderungen und Parkinsonismus. Die analysierten Daten stammten von 481 männlichen Gehirnspendern einer US-amerikanischen Autopsie-Datenbank; die überwiegende Mehrzahl, 413 von 481, waren American Football Player. Es wurden klinische und neuropathologische Merkmale bei CTE-Betroffenen mit und ohne Parkinsonismus analysiert. Gesucht wurde besonders nach Veränderungen in der Substantia nigra, der Hirnregion, die auch bei M. Parkinson betroffen ist. Zu den neuropathologischen Merkmalen gehören Neuronenverluste, Lewy-Körperchen (die vor allem bei M. Parkinson und Lewy-Body-Demenz auftreten) und neurofibrilläre Tangles (NFTs, auch Alzheimer-Fibrillen genannt, die aus aggregierten, hyperphosphorylierten Tau-Proteinen bestehen).

Im Ergebnis hatten 119 der 481 untersuchten Kontaktsportler einen Parkinsonismus (24,7 %). Beim Vergleich der Kontaktsportarten waren American-Football-Spieler von Parkinsonismus signifikant häufiger betroffen (p=0,02): 108 der 119 Sportler mit Parkinsonismus spielten American Football (90,8 %), in der Gruppe, die keinen Parkinsonismus aufwies, waren es 305 von 362 (84,3 %).

CTE und Parkinsonismus: Signifikant erhöhtes Sterbealter

Insgesamt wiesen die Patienten und Patientinnen mit Parkinsonismus ein höheres CTE-Stadium auf; so hatten 29,4 % der Kranken mit Parkinsonismus ein CTE-Stadium IV (gegenüber 10,8 % ohne Parkinsonismus). Das mittlere Sterbealter von CTE-Patienten und -Patientinnen mit Parkinsonismus war signifikant höher (71,5 ± 13 Jahre) als bei CTE-Patienten und -patientinnen ohne Parkinsonismus (54,1 ± 19,3 Jahre; p<0,0019). Parkinsonismus-Betroffene waren zudem älter, hatten höhere Demenzraten (87,4 % vs. 29,0 %), häufiger visuelle Halluzinationen (37,8 % vs. 14,1 %) und REM-Schlafverhaltensstörungen (43,7 % vs. 16,0 %; p<0,001 für alle).

In der jetzt in „Jama Neurology“ vorgelegten Studie waren neben dem Alter zum Zeitpunkt des Todes auch mehrere Pathologien der Substantia nigra signifikant mit Parkinsonismus assoziiert. So fanden sich bei Parkinsonismus signifikant häufiger nigrale NFTs (bei 42,7 % vs. 29,9 %; p=0,01), stärkere Neuronenverluste (bei 52,1 % vs. 17,1 %; p<0,001) und häufiger Lewy-Körperchen (bei 24,1 % vs. 5,8 %; p<0,001). Traten sowohl Neuronenverlust als auch Lewy-Körperchen auf, war die Assoziation zum Parkinsonismus besonders hoch.

Wie lange der Sport ausgeübt worden war, schien dabei nicht ausschlaggebend für die Entwicklung eines Parkinsonismus zu sein. Diese Beobachtung steht im Gegensatz zu vorherigen Studien. Allerdings waren in dieser Erhebung nur Sportler und Sportlerinnen mit CTE analysiert worden, die erhebliche Belastungen durch regelmäßige Kopfprellungen aufwiesen. Alle lagen über dem vormals ermittelten Schwellenwert für ein erhöhtes Parkinsonismus-Risiko (etwa 4 Jahre). Auch ergab die Subgruppenauswertung der American-Football-Spieler, dass die Anzahl der Jahre, in denen der Sport aktiv ausgeübt worden war, mit NFTs assoziiert waren. In der Analyse wurde herausgearbeitet, dass nigrale NFTs und Neuronenverluste den Zusammenhang zwischen Spieljahren und Parkinsonismus vermittelten.

Insgesamt kommt das Forschungsteam zu dem Schluss, dass wiederholte Kopftraumata neuropathologische Prozesse auslösen könnten, die im Verlauf zu Parkinson-Symptomen führen. Eine Studienlimitation sei jedoch, wie das Autorenteam einschränkend angibt, dass eine Kontrollgruppe von Gehirnspendern mit Parkinsonismus ohne CTE fehlte. Auch können Erinnerungsfehler bei den retrospektiv befragten Angehörigen nicht ausgeschlossen werden.

Pressemitteilung „Autopsiestudie zeigt: Wiederholte Kopftraumata können zu Parkinsonismus führen“. Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN), 7.8.2024, Berlin (https://dgn.org/artikel/autopsiestudie-zeigt-bei-kontaktsportarten-konnen-wiederholte-kopftraumata-zu-hirnschaden-und-parkinsonismus-fuhren).

* Adams JW et al.: Substantia Nigra Pathology, Contact Sports Play, and Parkinsonism in Chronic Traumatic Encephalopathy. JAMA Neurol. 2024 Jul 15:e242166 (DOI 10.1001/jamaneurol.2024.2166).

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