- Anzeige -
NEWS

Sexuelle Gesundheit

Aktuelle Meldungen vom 67. Deutschen STI-Kongress

Die Relevanz der STI-Prävention

Sexuell übertragbare Erkrankungen nehmen wieder zu. In ihrer Eröffnungsrede präsentierte Tagungspräsidentin Dr. med. Anja Potthoff (Bochum) die Zahlen: von 2021 auf 2022 wurden 48% mehr Gonorrhö-Fälle gemeldet, die Syphilis nahm um 34% zu und Chlamydien-Infektionen um 16%. Betroffen seien vor allem MSM-Communities, seit 2022 fände sich aber auch unter heterosexuellen Männern und Frauen häufiger Syphilis. Der Erkrankungsgipfel der Chlamydien-/Gonokokken-Infektionen zeige sich bei den 20- bis 24-Jährigen, für die Syphilis bei den 25- bis 44-Jährigen. Die Gründe hierfür seien vielfältig und reichten von einem veränderten Sexualverhalten und mehr Testungen über einen höher werdenden Anteil an Migrantinnen und Migranten mit bereits bestehenden Infektionen bis zu einem fehlenden Zugang zu Therapiemöglichkeiten und der Zunahme an Antibiotikaresistenzen. Wichtig seien Präventionsangebote – sowohl primäre im Sinne guter Aufklärung als auch sekundäre, um durch gezielte und gut zugängliche Testangebote Infektionen frühzeitig zu erkennen. Dass das Thema auch in den Fachgesellschaften höhere Relevanz bekommen habe, zeige sich auch durch neue Leitlinien und Stellungnahmen, z. B. zu Urethritis, Doxy-PEP oder Meningokokken-Impfung zum Schutz vor Gonorrhö.

Mycoplasma genitalium: Resistenzen

Ausgezeichnet mit dem Vortragspreis wurde Dr. med. Tobias Glaunsinger (Berlin) für die Darstellung seiner Untersuchungsergebnisse zu Makrolid- und Chinolon­resistenzen bei Infektionen mit Mycoplasma genitalium. Zwischen 2017 und 2024 zeigte sich in 472 Makrolid- und 458 Chinolon-Resistenztestungen von 546 Patientinnen und Patienten (73% MSM; 11% Frauen) folgendes Ergebnis: 72,7% aller Isolate waren gegen Makrolide und 22,1% gegen Chinolone resistent, wobei der Anteil der Chinolonresistenzen im Untersuchungszeitraum deutlich anstieg – von 14,9% in der ersten Hälfte auf 28,8% in der zweiten Hälfte. Auch die Anzahl an Doppelresistenzen verdoppelte sich über die Zeit von 13,1% auf 25,8%. Unter den untersuchten Personen zeigten MSM deutlich mehr Resistenzen als die Gruppe der heterosexuellen Männer und der Frauen (Makrolide: 88,3% vs. 47,4%; Chinolone: 35,9% vs. 17,0%; Doppelresistenzen: 32,5% vs. 14,4%), auch waren sie am stärksten von der Zunahme der Resistenzen betroffen. Ohne Resistenznachweis waren 95,5% der Therapien mit Azithromycin und 97,7% derer mit Moxifloxacin erfolgreich, mit Makrolidresistenz zeigte sich v. a. auf Azithromycin ein schlechtes Ansprechen. Doppelresistente Isolate ließen sich sehr gut mit Minocyclin eradizieren.

STI-Awareness: „Mangelhaft“

Schutz vor STI gelingt nur, wenn Wissen darüber vorliegt. Bei einer Untersuchung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wurden auf die offene Frage, welche STI bekannt seien, spontan nur von 11% der Befragten Chlamydien und von 6% Infektionen durch HPV angegeben. Und das, obwohl beide Erreger weitverbreitet sind. Unter allen STI fühlten sich die Befragten am besten zu HIV/AIDS informiert. Die Wahrscheinlichkeit, sich mit einer STI anzustecken, schätzte mit 85% der Großteil der Befragten als (absolut) unwahrscheinlich ein, für wahrscheinlich oder möglich hielten es in der Gruppe der Jüngeren 20%, während der Anteil unter den Älteren deutlich niedriger lag. Unter den Personen, die Sex außerhalb einer festen Beziehung haben, gaben 61% an, keine bzw. nicht immer Schutzmaßnahmen (v. a. Kondom) zu treffen. Künftige Bestrebungen, die die BZgA aus diesen Ergebnissen ableitet, sind die vernetzte Zusammenarbeit von Institutionen, Fachgesellschaften und Organisationen sowie Fortbildungsangebote für Personen mit Multiplikatorfunktion. Kampagnen zur Kondombenutzung bleiben weiter wichtig. Ein besonderer Fokus liegt auf der Altersgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, beispielsweise durch Mitmachprojekte für Schulen wie „LIEBESLEBEN“. Auch das aktive Anbieten von HPV-Impfung und Chlamydien-Screening in ärztlichen Praxen sieht die BZgA als wichtiges Ziel.

Trends in der Verhütung

Im August und September 2023 fand die 5. Befragung der BZgA zum Verhütungsverhalten Erwachsener in Deutschland statt. Das Ergebnis: Unter den am häufigsten genutzten Methoden führen weiterhin klar Pille und Kondom, jedoch tauschten sie die Rangfolge: Das Kondom geht erstmals in Führung – und zwar in allen Altersgruppen. Die seit 2011 abnehmende Beliebtheit der Pille zeigt sich v. a. bei den Jüngeren. Als Gründe für die Wahl des Verhütungsmittels werden immer noch Zuverlässigkeit, Sicherheit und einfache Anwendung angegeben, die gute Verträglichkeit gewinnt an Relevanz. Der Kostenfaktor spielt für 30% der Frauen und für Menschen mit niedrigem Haushaltseinkommen eine Rolle – für Männer dagegen eher selten. Frauen erhalten Informationen über Verhütungsmittel meist in der gynäkologischen Praxis, während das Internet als Bezugsquelle für beide Geschlechter an Bedeutung gewinnt.

Projekt: Digitaler PreP-Service

Die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) gilt als Meilenstein in der HIV-Prävention. Jedoch nicht jeder, der ein erhöhtes HIV-Risiko hat, erhält Zugang – besonders schwierig ist es für Menschen in ländlichen Regionen und für Heterosexuelle. In den Niederlanden entstand daher ein bezahlter digitaler PrEP-Service, der außerhalb der Gesundheitseinrichtungen Zugang zur PrEP ermöglicht. In einer Untersuchung von Januar 2023 bis April 2024 wurde das Nutzerprofil dieses Angebots erhoben. Das Ergebnis: Unter den 496 Nutzern waren 98% männlich – darunter 90% MSM (Man Sex with Men) und 10% Heterosexuelle – 1,4% der Anfragen kamen von Frauen und 0,6% von trans Frauen. Das mediane Alter betrug 41 Jahre. Den größten Nutzeranteil (28,2%) machten die 25- bis 34-Jährigen aus, während der Service von Personen < 25 Jahren unerwartet wenig genutzt wurde (3,1%). Jeder Zweite nahm den Service wiederholt in Anspruch und der Anteil der heterosexuellen Nutzerinnen und Nutzer stieg im Laufe des Untersuchungszeitraums an – Hinweise auf einen durchaus bestehenden Bedarf an einem digitalen PrEP-Service.

No items found.
Lesen Sie mehr und loggen Sie sich jetzt mit Ihrem DocCheck-Daten ein.
Der weitere Inhalt ist Fachkreisen vorbehalten. Bitte authentifizieren Sie sich mittels DocCheck.
- Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

123-nicht-eingeloggt