Metformin beeinflusst die Lebensspanne von Fadenwürmern und Mäusen. Doch ist der Wirkstoff deshalb auch ein Anti-Aging-Mittel? Bei mehrfach passagierten menschlichen Zellen verkürzte Metformin sogar die Lebensdauer.
Das orale Antidiabetikum Metformin verlangsamt die mitochondriale Zellatmung und beeinflusst die Gluconeogenese in der Leber. Glucose wird besser von den peripheren Zellen aufgenommen, wodurch der Blutzuckerspiegel sinkt. Soweit die antidiabetische Wirkung im Menschen. In klinischen Studien wird zurzeit untersucht, ob die lebensverlängernden Vorteile auch bei gesunden Personen ohne Diabetes gelten. Wie der Stoffwechsel einer nicht diabetischen Kohorte überhaupt auf eine Metformin-Behandlung reagiert, war bisher jedoch nicht Gegenstand der Forschung.
Im Tiermodell wurde bereits eine positive Wirkung von Metformin auf die Gesundheit und die Lebensspanne von Würmern und einigen Mäusestämmen festgestellt. Nun untersuchten Forscher des Leibniz Instituts für Altersforschung – Fritz Lipmann Institut (FLI) in Jena, wie Metformin auf den Fadenwurm Caenorhabditis elegans sowie menschliche Primärzellen wirkt. Sie fanden heraus, dass Metformin die Lebensspanne verkürzt, wenn es im vorgerückten Alter gegeben wird. Das stand ganz im Gegensatz zu den positiven Effekten, die Metformin in jüngeren Organismen bewirkt. Die Forscher zeigten, dass das Biguanid die mitochondriale Dysfunktion verschärft, die typischerweise im Alter auftritt. Dadurch versagt auch die Atmungskette, die Energie in Form von Adenosintriphosphat (ATP) bereitstellt. Alte Fadenwürmer, die Metformin erhielten, reagierten mit einer ATP-Erschöpfung, die tödlich war, da sie altersbedingt weder die Glykolyse induzieren noch die Lipidreserven mobilisieren konnten. Die gleiche Metformin-Dosis, die bei jungen Organismen die Lebensdauer erhöhte, war bei älteren Organismen schädlich, da adaptive Stresssignale nicht mehr aktiviert wurden. Diese Metformin-Toxizität wurde bei Würmern gemildert, die Störungen der Insulin-Rezeptor-Signalgebung aufwiesen, was eine höhere Resistenz gegenüber mitochondrialer Verzerrung im Alter zeigt.
Auch die menschlichen, spät passagierten Zellen reagierten auf Metformin mit einer ATP-Erschöpfung. Eigentlich werden teilungsfähige Zelllinien als Modell für den natürlichen Alterungsprozess im Organismus diskutiert. Doch die älteren, nicht mehr teilungsfähigen Zellen zeigten eine zunehmende Metformin-Intoleranz. Sie konnten durch ektopische Stabilisierung des zellulären ATP-Gehaltes gerettet werden.
Zusammengefasst zeigten die Daten, dass Metformin im Alter schädliche Veränderungen bei konservierten Stoffwechselwegen induziert. Das könnte die Vorteile des Wirkstoffs bei alten Individuen ohne Diabetes infrage stellen.
Auch wenn die neuen Ergebnisse an Nematoden und menschlichen Zellkulturen gewonnen wurden, deuten sie doch darauf hin, dass Metformin nicht von vornherein ein Jungbrunnen ist. Bis weitere Resultate am Menschen vorliegen, folgt man besser den Empfehlungen eines Blogbeitrags der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie: Im Alter eher maßvoll essen und dafür viel bewegen, hauptsächlich im Freien.
Espada L et al., Nature Metabolism (2020); doi 10.1038/s42255-020-00307-1