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Allgemeinmedizin

Medikamentenporträt

Intraartikuläre Injektionstherapie bei Gelenkarthrose

27.9.2024

Intraartikuläre Injektionen mit Hyaluronsäure (HA) können nicht nur Schmerzen lindern und Gelenke beweglicher machen, sondern zudem die Arthroseprogression verlangsamen. Durch eine innovative Kombination aus HA und Niacinamid sollen sich diese positiven Effekte noch verbessern.

Die Arthrose ist weltweit die häufigste Gelenkerkrankung des erwachsenen Menschen. Sie kommt im höheren Lebensalter häufiger vor als in jungen Jahren – und mehr bei Frauen als bei Männern. In der Altersgruppe 30–44 Jahre liegt die Prävalenz noch bei 4,3 % (Frauen) bzw. 4,1 % (Männer). Danach nimmt sie deutlich zu: 23,2 % der Frauen und 16,6 % der Männer zwischen 45 und 64 Jahren leiden unter der Erkrankung. In der Gruppe der ab 65-Jährigen sind knapp die Hälfte der Frauen (48,1 %) und knapp ein Drittel der Männer (31,2 %) betroffen [1].

Um Schmerzen sowie Immobilität zu reduzieren und operative Maßnahmen möglichst lange herauszuzögern, sollten Betroffene aktiv mitarbeiten. Deshalb ist der wichtigste Aspekt für den Therapieerfolg die Beratung der Patientinnen und Patienten. Außerdem tragen physikalische Therapien wie Physiotherapie, Massagen oder Wärmeanwendungen dazu bei, dass eine Arthrose langsamer voranschreitet, aber auch eine regelmäßige sportliche Betätigung sowie eine ausgewogene Ernährung – und nicht zuletzt ein Blick auf das Gewicht – haben positive Effekte. Ein bewährter Baustein der konservativen Arthrosetherapie ist darüber hinaus die intraartikuläre Injektion mit Hyaluronsäure (HA). Diese ist eine natürliche Substanz, die in den Gelenken selbst gebildet wird. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der Gelenkflüssigkeit, wird als Schmiermittel benötigt und hemmt zudem die Aktivität der knorpelabbauenden Enzyme.

In einem verschlissenen, arthrotischen Gelenk sind Qualität und produzierte Menge an Hyaluronsäure herabgesetzt – wodurch Belastung und Verschleiß stetig zunehmen. Durch die intraartikuläre Injektion kann die Hyaluronsäure unmittelbar dort ihre Wirkung als Schmier- und Gleitmittel entfalten, wo sie benötigt wird.

In In-vitro-Studien zeigte sich zudem, dass die HA zu einer vermehrten Synthese extrazellulärer Matrixproteine führt und durch Reduzierung der Nozizeptorafferenzen sowie der Prostaglandin- und Bradykininsynthese das Schmerzempfinden verringert [2]. Auch werden Entzündungsmediatoren wie Proteasen, Prostaglandine und Zytokine vermindert, was wiederum gegen eine beschleunigte ­Matrixzerstörung wirkt [2]. Die S2k-Leitlinie „Gonarthrose“ empfiehlt eine intraartikuläre Hyaluronsäureinjektion bei Patienten und Patientinnen, bei denen nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) kontraindiziert sind oder bei denen NSAR nicht ausreichend wirksam sind [3].

Niacinamid: Schutz vor antioxidativem Stress

Bei Arthrose geraten die Knorpelzellen vermehrt unter oxidativen Stress, sodass sich die entzündlichen Prozesse immer weiter ausbreiten. Laut chemischer Definition handelt es sich bei oxidativem Stress um ein Ungleichgewicht zwischen freien Radikalen (Oxidantien) und antioxidativ wirksamen Molekülen (Antioxidantien), bei dem zu viele reaktive Sauerstoffspezies gebildet werden. Wenn dem Überschuss freier Radikale nicht rechtzeitig Antioxidantien entgegenwirken, können Zellen und Moleküle geschädigt werden. Oxidativer Stress beschleunigt also langfristig den Alterungsprozess und trägt zum Entstehen chronischer Erkrankungen bei. Umso entscheidender ist es zur Verringerung des oxidativen Stresses, rechtzeitig das antioxidative Potenzial zu erhöhen. Mehrere Studien bescheinigen Niacin eine antioxidative Wirkung und somit eine Schutzfunktion vor oxidativem Stress [4,5]. Zudem zeigte sich nicht nur eine entzündungshemmende Wirkung von Niacinamid, sondern darüber hinaus seine positive Wirkung auf nozizeptive und entzündungsbedingte Schmerzen [6].

Hyaluronsäure: Mehr Beweglichkeit der Gelenke

Einen neuartigen Ansatz bietet die Kombination aus Hyaluronsäure und Niacinamid. Als Zwei-Komponenten-Spritze wurde sie zur intraartikulären Injektion bei Gelenkarthrose entwickelt. In dieser Kombination sollen die antioxidativen Effekte des Niacinamids die Hyaluronsäure vor dem Abbau durch freie Radikale und Entzündungsmediatoren schützen. Dadurch kann sich die Lebensdauer der HA deutlich verlängern (Abb. 1).

Die Wirksamkeit und Sicherheit der Zwei-Komponenten-Spritze aus 2,2 % Hyaluronsäure mit Niacinamid auf Knieschmerzen, Steifheit und Funktion bei Knie-Osteoarthritis im Vergleich zu einem etablierten Wirkstoff hat jetzt die klinische Bavaria-Studie, die als Preprint vorliegt, aufgezeigt [7]. Die primäre Hypothese war, dass die durchschnittliche Wirkung der Zwei-Komponenten-Injektion auf dem Western Ontario and McMaster Universities Osteoarthritis Index (WOMAC-Gesamtscore) nicht schlechter ist als die des Standardwirkstoffs Hyaluronsäure (0,8 %, 2,0 ml). Sekundäre Hypothesen waren, dass das Kombinationspräparat eine durchschnittliche positive Veränderung von mindestens 50 % in den WOMAC-Subskalen „Schmerz“, „Steifheit“ und „Funktion“ vom Ausgangswert bis zur letzten Nachuntersuchung (26 Wochen) erzielt (2a). Außerdem sollten sich positive Behandlungseffekte auf den WOMAC-Gesamtscore vom Ausgangswert bis zur letzten Nachuntersuchung bei mindestens 75 % der Probandinnen und Probanden ergeben (2b). Und drittens sollten sich positive Behandlungseffekte 2 Wochen nach der ersten Injektion mit dem Kombinationspräparat auf der WOMAC-Subskala „Schmerz“ abzeichnen (2c).

Als Ergebnis zeigte sich keine Unterlegenheit des Kombinationspräparats gegenüber der Kontrollgruppe für den gesamten WOMAC (Abb. 2). Die Hypothese 2a ließ sich nicht belegen: Die Veränderungen betrugen durchschnittlich 43,6 % für WOMAC „Schmerz“, 25,9 % für „Steifheit“ und 37,0 % für „Funktion“. Allerdings waren die durchschnittlichen Veränderungen in der Kontrollgruppe durchweg für alle WOMAC-Kategorien niedriger („Schmerz“: 29,1 %; „Steifheit“: 0 %, Funktion: 27,6 %).

In Bezug auf die Ansprechrate nach 26 Wochen ließen sich positive Behandlungseffekte auf den WOMAC-Gesamtscore bei 86,7 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Gruppe mit dem Kombinationspräparat beobachten. Somit konnte die Hypothese 2b bestätigt werden. Auch die Hypothese 2c bestätigte sich, da die Ansprechrate in den ersten 2 Wochen nach der Injektion im Durchschnitt bei 77,8 % lag. Ferner wurden keine unerwünschten Nebenwirkungen beobachtet oder von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern berichtet.

Zwei-Komponenten-Spritze: dualer TherapieAnsatz

Die Zwei-Komponenten-Spritze wird bei Schmerzen und Einschränkungen der Gelenkmobilität bei degenerativen Veränderungen des Kniegelenks, aber auch anderer Synovialgelenke empfohlen. Laut Hersteller ist ein flexibles Injektionsschema von 1 bis 5 Injektionen möglich, zudem sollte es vor allem bei Osteoarthrose Grad 1–2 Verwendung finden. Bei diesem Schädigungsgrad ist noch genügend Knorpel vorhanden, sodass der Prozess des Abbaus durch die Kombination von Hyaluronsäure und dem HA-Protektor Niacinamid stärker verlangsamt bzw. verzögert werden kann als bei der Injektion von reiner Hyaluronsäure. Auch legen erste Untersuchungsergebnisse wie in der Bavaria-Studie nahe, dass es bereits bei nur einer injizierten Spritze des Kombinationspräparats zu einer deutlichen Schmerzreduktion kommen kann [7].

FAZIT

Das neue Produkt Innoryos enthält 44 mg Hya­luronsäure und 30 mg Niacinamid. Diese Kombination macht sich einen zweifachen Wirkansatz zunutze, denn Niacinamid hat nicht nur eine generelle entzündungshemmende Wirkung, sondern noch einen antioxidativen Charakter. Dadurch soll es zu einem verzögerten Abbau der Hyaluronsäure durch freie Radikale und Entzündungsmediatoren kommen: Die Wirkung der Hyaluronsäure verlängert sich, wodurch die intraartikuläre Injektion eine bessere Effektivität erzielt als reine Hyaluronsäure.

  1. Fuchs J et al., Journal of Health Monitoring 2017; 2: 55–60, DOI 10.17886/RKI-GBE-2017-054
  2. Jerosch J, Zeitschrift für Rheumatologie 2015; 74: 764–73, DOI 10.1007/s00393-015-1625-y
  3. Stöve J, S2k-Leitlinie Gonarthrose, AWMF-Reg.-Nr. 033-004
  4. Ilkhani F et al., J Nutri Med Diet Care 2016; 2: 014, Volume 2, Issue 1
  5. Ogata S et al., Biosci Biotechnol Biochem 2002; 66: 641–5
  6. Godin AM et al., Pharmacol Biochem Behav 2011; 99: 782–8
  7. Hofweber L et al., Preprint https://doi.org/10.21203/rs.3.rs-4363034/v1

Impressum
Bericht: Nicole Hein I Redaktion und Konzept: Dr. phil. nat. Claudia Schierloh
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der MiM Pharma GmbH (Neu-Isenburg)

Bildnachweis: privat

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