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Kongress-Ticker

Fibromyalgie, rheumatoide Arthritis & Co

Individualisierte Ansätze zur Schmerzbehandlung

Susanne Pickl

20.9.2024

Aus Sicht der Erkrankten mit rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen hat Schmerz die höchste Priorität. Die Auswirkungen reichen von Schlafstörungen und eingeschränkter Bewältigung des Alltags bis hin zur Beeinträchtigung des emotionalen Wohlbefindens mit Reizbarkeit, Ängsten und Depression.

rof. Neil Basu von der University of Glasgow (Großbritannien) betonte die multidimensionalen Aspekte von Schmerz, bei dessen Entstehung verschiedenste Hirnregionen beteiligt seien. Man unterscheidet 3 mechanistische Schmerzkategorien: ­nozizeptiven, neuropathischen und noziplastischen Schmerz. Während bei nozizeptivem und neuro­pathischem Schmerz eine Schädigung von Gewebe bzw. des somatosensorischen Nervensystems vorliegt, basiert der noziplastische Schmerz auf einer veränderten Schmerzwahrnehmung durch Modu­lation der Reizverarbeitung.

Als typische Beispiele für nozizeptiven Schmerz nannte Basu Osteoarthritis und rheumatoide  ­Arthri­tis (RA), für neuropathischen Schmerz bei rheumatischen und muskuloskelettalen Erkran­kungen (RMD) die Vaskulitis-Neuropathie und für noziplastischen Schmerz die Fibromyalgie (FM). Noziplastische Schmerzmechanismen gebe es allerdings auch bei RA und Psoriasis-Arthritis (PsA). Oftmals lägen mehrere Schmerztypen vor – so leide zum Beispiel bis zu ein Viertel der RA-Betroffenen auch unter FM.

Bei Osteoarthritis gelte es, die zugrunde liegende Ursache (z. B. durch Kniegelenkersatz) zu behandeln, und bei RA könnten krankheitsmodifizierende antirheumatische Medikamente (DMARD) bzw. Immunsuppressiva antiinflammatorisch und schmerzlindernd wirken, erinnerte er. Die Standardtherapie bei Vaskulitis-Neuropathie bestehe aus Glukokortikoiden in Kombination mit Cyclophosphamid.

EULAR-Empfehlungen zur Fibromyalgie

Die Behandlung der Fibromyalgie stellt alle Beteiligten oft vor Herausforderungen. Gemäß den EULAR-Empfehlungen zu FM gelte es, Patienten und Patientinnen über das Krankheitsbild aufzuklären und dabei zu betonen, dass unterschiedliche Schmerzen auch unterschiedliche Therapien erforderten und koexistierende Symptome unbedingt behandelt werden sollten. Darüber hinaus biete sich eine physikalische Therapie mit individuell abgestuften körperlichen Übungen an (auch in Kombination mit Hydrotherapie, Akupunktur). Bei unzureichender Wirkung sollte die Therapie weiter individualisiert werden: In Betracht kommen psychologische Behandlungen (z. B. bei schmerzbedingter Depression, Angststörungen), Pharmakotherapie (bei starken Schmerzen, Schlafstörungen) sowie multimodale Rehabilitationsprogramme (bei Schwerbehinderung, längerer Krankschreibung). Als medikamentöse Therapie bei starken Schmerzen werden gemäß EULAR Duloxetin, Pregabalin und Tramadol (oder in Kombination mit Paracetamol) empfohlen; bei schweren Schlafstörungen gering dosiertes Amitriptylin, Cyclo­benzaprin oder Pregabalin (abends).

Opioide können noziplastischen Schmerz verschlimmern

Fibromyalgie werde oft von Fatigue, dem „kleinen Bruder des Schmerzes“ begleitet, so Basu. Duloxetin verbessere die Fatigue bei FM-Erkrankten, aber nur bei jenen, die auch auf die Schmerzbehandlung mit dem selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) positiv ansprächen. Sowohl Gesprächstherapien als auch körperliches Training könne die Schwere der Fatigue mindern, wobei ­Personen mit noziplastischem Schmerz bei FM eher von psychologischen als von körperlichen Inter­ventionen profitierten.

Auch nicht pharmakologische Ansätze wie manuelle Therapien oder Yoga oder Tai-Chi hätten ihre Berechtigung, solange diese sicher seien, unterstrich Basu. Die vordringliche Aufgabe der Behandelnden sei es, keinen Schaden anzurichten, so Basu. Er warnte in diesem Zusammenhang vor dem Einsatz von Opio­iden – denn diese könnten den noziplastischen Schmerz bei FM verschlimmern.

Bildgebung bei rheumatoider Arthritis

Es gebe Hinweise dafür, dass zentralisierte Mechanismen zum Schmerz bei RA beitragen. So klagten RA-Patienten teilweise auch dann noch über Schmerz, wenn die periphere Inflammation kontrolliert sei. Andererseits berichteten RA-Patienten unter Tumornekrosefaktor-Inhibitoren (TNFi) über eine Schmerzlinderung noch bevor eine Verbesserung der Gelenkentzündung eintrete. Letzteres konnten auch MRT-Hirn-Scans zeigen, die Hin­weise zur funktionellen Konnektivität der Gehirnregionen liefern. Im ZNS von Personen mit Arthritis verringerten sich durch TNFi die nozizeptiven Antworten noch bevor die antiinflammatorische Wirkung ­einsetzte. Eine höhere funktionelle Konnektivität sei assoziiert mit dem ­Auftreten von RA-Symptomen, so Basu.

Studiendaten belegten, dass die JAK-STAT-Hemmung wirksamer gegen Schmerz sei als ein TNFi. So könne Baricitinib möglicherweise die noziplastischen Schmerzmechanismen abschwächen und bei Patientinnen und Patienten mit RA eine gleichzeitig bestehende FM lindern, erklärte Basu. In einer Studie mit MRT-Hirn-Scans reduzierte der JAKi sowohl subjektive als auch objektive Messwerte für noziplastische Schmerzen signifikant. Dies deute darauf hin, dass noziplastischer Schmerz kein einheitliches Konstrukt sei und es bei RA einen Subtyp gebe, der möglicherweise durch entzündungshemmende Ansätze modifizierbar sei.

Es laufen auch erste Untersuchungen zur trans­kraniellen Magnetstimulation (TMS) bei RA-Erkrankten, die den Schmerz minderten und so ­künftig möglicherweise neue Therapieansätze bieten könnten. Die Vorstellung sei, dass die ­periphere Entzündung über eine Steigerung der Glutamatkonzentration zu einer chaotischen neuronalen Signalübertragung führe und diese durch die TMS wieder normalisiert werde.

Session „Patient Tailored Pain Management in RMDs“

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