Die genetische Diagnostik gewinnt in der Dermatologie zunehmend an Bedeutung. Hautärzte sollten sorgfältig abwägen, wann eine genetische Diagnostik sinnvoll ist und eine Reihe rechtlicher Voraussetzungen beachten. Beratung und Aufklärung erfordern eine behutsame Kommunikation.
Zahlreiche genetische Erkrankungen gehen mit Hauterscheinungen einher. Dermatologen sollten die häufigsten dieser Krankheitsbilder klinisch erkennen, sagte Prof. Dr. Dr. Judith Fischer vom Institut für Humangenetik des Universitätsklinikums Freiburg. Soll eine genetische Diagnostik verordnet werden, sind die rechtlichen Bestimmungen nach dem Gendiagnostikgesetz [1] sowie die Datenschutzverordnung zu berücksichtigen, so Fischer weiter. Genetische Daten dürfen nur erhoben und genutzt werden, wenn diese zur Diagnostik und Behandlung unbedingt notwendig sind, und wenn eine schriftliche Einwilligung des Patienten bzw. der Eltern vorliegt. Die Daten müssen vor unbefugtem Zugriff geschützt sein. Der Dermatologe muss in der Lage sein, Betroffenen die Bedeutung der genetischen Diagnostik zu erklären und Risiken sowie mögliche Auswirkungen der Ergebnisse zu vermitteln. Bei der Interpretation genetischer Testergebnisse sollte mit Humangenetikern und Vertretern anderer Fachdisziplinen zusammengearbeitet werden, empfahl Fischer.
Lotse durch die genetische Diagnostik
Dermatologen sollten für Betroffene als Lotsen in der genetischen Diagnostik von Genodermatosen fungieren, erklärte Prof. Dr. Johann W. Bauer (Salzburg). In der Beratung sollte berücksichtigt werden, wann ein aussagekräftiges Ergebnis zu erwarten ist [2]. So kann bei Ichthyosen oder einer Epidermolysis bullosa bei 80–100 % mittels moderner molekulargenetischer Methoden innerhalb weniger Wochen eine genetische Diagnose gestellt werden. Bei anderen Erkrankungen sind dagegen die verantwortlichen Gene noch nicht bekannt und eine gesicherte genetische Diagnose daher teilweise nicht möglich.
Im Management von Genodermatosen empfahl Bauer eine vorsichtige Kommunikation: So könne einer Blasenbildung bei einem Neugeborenen eine Impetigo contagiosa, eine Herpes-Infektion, ein neonataler Pemphigus, aber auch eine Epidermolysis bullosa zugrunde liegen. Bevor eine vermutete Diagnose kommuniziert wird, sollte eine sorgfältige Abklärung erfolgen, die Abstrich, Blutkultur, Biopsie und – wenn als sinnvoll erachtet – eine molekulare Diagnostik umfasst. Bei der Epidermolysis bullosa lässt sich anhand der Klinik oft nicht eindeutig erkennen, ob eine kritische junktionale Form vorliegt, bei der im Kleinkindalter mit dem Versterben zu rechnen ist, oder eine milde Form, bei der ein weitgehend normales Leben möglich ist. Hier sollte vorsichtig kommuniziert und die endgültige genetische Diagnostik abgewartet werden, betonte Bauer.
Bei der Psoriasis [3] wie auch bei der atopischen Dermatitis [4] spielen genetische Faktoren ebenfalls eine Rolle. Eine genetische Analyse habe bislang jedoch noch keine praktischen Konsequenzen und sei nach Bauers Einschätzung in der medizinischen Versorgung der Betroffenen noch nicht angesagt.
1 https://www.gesetze-im-internet.de/gendg/index.html
2 Salik D et al., J Eur Acad Dermatol Venereol 2023; 37: 488–500
3 Dand N et al., Acta Derm Venereol 2020; 100: adv00030
4 Bieber T et al., J Eur Acad Dermatol Venereol 2022; 36: 1432–49
Plenarvortrag „Im Dialog: Genetische Diagnostik 2023 – was jeder Dermatologe wissen sollte“