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Persönliche Skills

Selbstheilungskräfte aktivieren

Mentaltechniken nutzen

Jasmin Kurowsky

Mit seinem Werk „Gedanken als Medizin“ enthüllt Dr. Marcus Täuber den neuesten Stand der Forschung zur Heilkraft unserer Psyche und zeigt, inwiefern Gedanken unsere Gesundheit beeinflussen. Im Interview verrät der Autor, wie auch Allgemeinmediziner von mentalem Training profitieren können.

Wie kamen Sie auf die Idee, über dieses Thema zu schreiben?

Kennen Sie das, wenn das Auto in die Jahre kommt? Werkstatttermine werden teuer, kommt man noch durch den TÜV? So ging es mir mit meinem Körper. Ende 30 fühlte ich mich noch nicht als altes Eisen. Aber dann kamen Allergien und Unverträglichkeiten, Reizdarm, Restless Legs, Rückenbeschwerden und dann noch Tinnitus. Meine körperliche Bilanz ähnelte dem Who is Who der Zivilisationskrankheiten. Daraufhin begab ich mich sowohl als Hirnforscher als auch Betroffener auf eine Forschungsreise, analy­sierte über 2.800 Originalstudien, tüftelte und optimierte mentale Techniken. Schließlich fand ich den Weg zu mehr Gesundheit. Ganz wichtig hierbei: Die Methoden sind immer als Ergänzung zur ärztlichen Therapie zu sehen und in Rücksprache mit einem Arzt durchzuführen.

Auf welche Weise können Gedanken zur Aktivierung mentaler Heilkräfte beitragen?

Studien untermauern den hohen Einfluss von ­Gedanken auf die Physiologie. Haben Diabetiker eine veränderte Zeitwahrnehmung, weil die Uhr in ihrem Sichtfeld manipuliert wurde und doppelt so schnell läuft, sackt bei ihnen auch der Blutzuckerspiegel entsprechend schneller ab. Trinken Probanden einen vermeintlich hochkalorischen Milchshake, wird die Produktion des Hungerhormons Ghrelin deut­licher runtergefahren, als in der Gruppe mit einem angeb­lichen Diät-Milchshake. Wohlgemerkt: Beide Gruppen haben denselben Milchshake erhalten. Und bekommen Migränegeplagte ein Arzneimittel mit einem Markennamen auf der Verpackung, wirkt dieses ­Medikament rund doppelt so stark wie derselbe Wirkstoff beschriftet als „Placebo“.

Beobachtungen beeinflussen also nicht nur unsere Psyche?

Nein, Wahrnehmungen, Vorstellungen und Worte ­lösen starke körperliche Reaktionen aus. Unser Kopf ist mit Immunabwehr, Entzündungen, Hormonen und Muskelspannungen eng verwoben. Es handelt sich bei den Effekten nicht um Einbildung, sondern um spezifische Mechanismen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, fundierte Forschungsergebnisse von esoterischen, haltlosen Theorien abzugrenzen. Methoden, die nachweislich wirken, können Therapien unterstützen und unsere Selbstheilungskräfte aktivieren.

Lassen sich mithilfe der Gedanken sogar schwere, langjährige Krankheiten lindern?

Hypnosetechniken, Meditation und mentales Training können Allergien, Schmerzen und Migräne um durchschnittlich 50 % lindern, aber auch Herzinfarkte verhindern und die Lebensqualität von Krebs­patienten fördern. Durch klinische Studien nicht ausreichend gezeigt ist, ob diese Methoden auch die Lebenserwartung bei Krebs steigern oder sogar die Heilung aktiv vorantreiben können.

Wie können Hausärzte und ihre Patienten von mentalem Training profitieren?

Zunächst bietet mentales Training einen effektiven Weg zur Stresslinderung. Gerade der Arztberuf ist sehr stressig. Mein Tipp: Meditieren Sie! Die Forschung zeigt, dass Meditieren klassische Entspannungstechniken wie die progressive Muskelentspannung (PME) um Längen schlägt und die wirksamste Form der Erholung für Körper und Geist darstellt. Der Placeboeffekt ist sehr stark an die Person des Arztes geknüpft. Je mehr Kompetenz und Wärme der Arzt auf verbaler wie nonverbaler Ebene mitkommuniziert, umso positiver wirken die Gedanken beim Patienten. Gerade die Wärme bzw. Empathie kommt im hektischen Alltag oft nicht gut genug rüber. Meditation und Visualisierung können helfen, der Empathie noch stärker Ausdruck zu verleihen.

Können Patienten auch selbst auf sich einwirken?

Für Patienten ist die Selbstwirksamkeitsüberzeugung ganz wichtig. Durch eine große Nonnenstudie ist bekannt, dass Menschen, die sich selbstwirksam wahrnehmen, eine höhere Lebenserwartung haben als Menschen, die sich hilflos und ausgeliefert betrachten. Der Unterschied ist für die Lebens­erwar­tung in etwa so groß wie zwischen Nichtraucher und starkem Raucher. Den Patienten mentale Techniken mitzugeben, die dessen Selbstwirksamkeit fördern, sind ein echter Turbo für die Heilkraft der Psyche.

Welche Botschaft möchten Sie Hausärzten mitgeben?

Bereits mit einfachen mentalen Tools können ­Therapietreue, Selbstwirksamkeitsüberzeugung und der Placeboeffekt enorm gesteigert werden. Eine fundierte Ausbildung als Mentaltrainer kann eine sehr sinnvolle Ergänzung der Kompetenzen für Arzt oder Arztassistenz sein. Durch die Zusammenarbeit mit Mentaltrainern können Patienten Techniken erlernen, die sich positiv auf Wohlbefinden und Genesung auswirken. Wichtig ist dabei aber, einen fachlich versierten und seriösen Partner zu finden. Denn der Begriff „Mentaltrainer“ ist weder geschützt noch standardisiert.  Ich würde mir sehr wünschen, wenn immer mehr Ärzte die Kraft aus dem Kopf entdeckten und in ihrer Arbeit berücksichtigten. Meine Vision: Wenn Ärzte in einigen Jahren zum Rezept auch gleich die passende Mentaltechnik „mitverschreiben“.

BUCH-TIPP

Wie steuert das Gehirn die Physis und das Verhalten? Welchen Nutzen lässt sich daraus für ein gesünderes und besseres Leben ziehen? Die Zusammenhänge beleuchtet Dr. Marcus Täuber in seinem Buch. Das Gehirn muss auf Umdenken trainiert werden, denn es ist auf Überleben und Fortpflanzung aus­gerichtet. Somit ist es für uns wichtiger, Gefahren zu entkommen, als das Positive anzustreben.

Der Experte

Dr. Marcus Täuber
Institut für mentale Erfolgsstrategien e. U.
A-1190 Wien

Tel.: +43 676 44 71 188
taeuber@ifmes.at

Dr. Marcus Täuber ist promovierter Neurobiologe, Bestseller­autor, Speaker, Trainer und Leiter des Instituts für mentale Erfolgsstrategien. Er möchte verstehen, wie wir ticken – und daraus Strategien für ein besseres Leben entwickeln.

Bildnachweis: Goldegg Verlag; Foto-Weinwurm

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