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Allgemeinmedizin

Herzbeutelentzündung

Vielfältige Therapieoptionen bei Perikarditis

Dr. med. Laura Nickel, Prof. Dr. med. Joachim Weil

17.11.2022

Bei der Perikarditis handelt es sich um eine Entzündung des Herzbeutels, wobei zwischen der akuten Perikarditis und der idiopathisch rekurrierenden Perikarditis unterschieden wird. Beide Formen können mit einem Perikarderguss und/oder einer entzündlichen Reaktion des Myokards (Perimyokarditis) einhergehen.

 Die akute Perikarditis (AP) kann anhand klinischer, laborchemischer, bildmorphologischer und elektrokardiografischer Befunde diagnostiziert werden (Abb. 1 und 2). Laut aktuellen Leitlinien der European ­Society of Cardiology (ESC) und der Deutschen ­Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) müssen für die Diagnosestellung zwei von vier der folgenden Kriterien erfüllt sein:

  1. perikarditische Thoraxschmerzen
  2. Perikardreiben
  3. EKG-Veränderungen: neue ST-Hebungen in multiplen Ableitungen oder PR-Senkungen
  4. neuer oder zunehmender Perikarderguss

Ferner können laborchemische Hinweise für eine systemische Entzündungsreaktion (Erhöhung des C-reaktiven Proteins [CRP], Erhöhung der Blutsenkungsgeschwindigkeit, Leukozytose), der Nachweis eines Perikardergusses sowie bildgebende Verfahren (bspw. kardiale Magnetresonanztomografie) unterstützend bei der Diagnosestellung sein.

Ätiologisch handelt es sich v. a. um Infektionen (meist viraler Genese); eine Perikarditis kann jedoch auch im Zuge von autoimmunen Krankheitsbildern, metabolischen Störungen, Neoplasien, Traumata, medikamentös-toxisch induziert oder als Postperikardektomiesyndrom bzw. nach Myokardinfarkt (Dressler-Syndrom) auftreten. Verkomplizierend zeigt sich in ca. 15 % der Fälle eine Beteiligung des Myokards im Sinne einer Perimyokarditis, die durch die laborchemische Bestimmung von Troponin von einer isolierten Perikarditis unterschieden werden kann.

Die Prognose der akuten Perikarditis ist insgesamt gut. Akutschäden (bspw. Herzbeuteltamponade) oder Folgeschäden (bspw. konstriktive Perikarditis) zeigen sich lediglich in < 1 % der Fälle, wobei die Rezidivrate nach der ersten Episode um bis zu 50 % (von 18,3 % auf 38,2 %) steigt – insbesondere bei Patienten, die mit Steroiden vorbehandelt wurden.

Bei der idiopathischen rekurrierenden Perikarditis (IRP) handelt es sich um ein Perikarditisrezidiv nach Auftreten einer AP mit einem symptomfreien Intervall von vier bis sechs Wochen. In ca. 80 % der Fälle einer IRP lässt sich keine Krankheitsursache ermitteln.

Von NSAR bis zu IL-1-Antagonisten

Die Erstlinientherapie der AP und IRP besteht in der Gabe von NSAR. Empfohlen wird, diese bis zum Abklingen der Symptome und Normalisierung der Entzündungsmarker einzusetzen. Im Zuge von hohen Dosen sollte eine Begleittherapie mit Protonenpumpeninhibitoren erwogen werden. Auf die regelmä­ßige Kontrolle der Retentionswerte ist bei potenziell nephrotoxischer Wirkung der NSAR zu achten. Des Weiteren stellt Colchicin ein Erstlinientherapeutikum dar, welches mit seinem antiinflammatorischen Wirkmechanismus eine zentrale Therapierolle einnimmt. Colchicin beeinflusst bspw. direkt und indirekt die Regulation von autoinflammatorischen Zytokinen und hemmt die Freisetzung von TNF-α, NO, reaktiven Sauerstoffspezies sowie chemotaktischen Faktoren aus neutrophilen Granulozyten. In den ESC-Leitlinien wird Colchicin aktuell als Erstlinientherapie der IRP in einer Dosierung von 0,5 mg zweimal täglich für mindestens sechs Monate empfohlen.

Als Zweitlinientherapie können Kortikosteroide bei AP und IRP eingesetzt werden. Hierbei sollten hohe Dosen (≥ 1 mg/kg KG pro Tag) vermieden werden, da diese mit einem erhöhten Rezidivrisiko assoziiert sind. Sollte eine adäquate Steroidreduktion nicht möglich sein, kann im Zuge der Drittlinientherapie Azathioprin eingesetzt werden. Vianello et al. zeigten in einer retrospektiven Studie mit 46 Patienten eine stabile Remission unter einer Dosierung von 1,5–2,5 mg/kg/Tag über ein Jahr.

Der Interleukin-1(IL-1)-Antagonist Anakinra weist eine etwas bessere Studienlage auf. Er führte in Studien innerhalb von Tagen zu einer Normalisierung der Entzündungsparameter und zur Besserung der Symptome. So konnte der Einsatz von Anakinra bei Patienten, die Colchicin-resistent und Kortikosteroid-abhängig waren, u. a. eine Verringerung der Rezidivrate um 83 % und eine signifikante Kortikosteroidreduktion ermöglichen. Allerdings sind die Tagestherapiekosten hoch.

Die Ergebnisse der Rhapsody-Studie legen nahe, dass der IL-1-Antagonist Rilonacept ebenfalls eine vielversprechende neue Therapie für Patienten mit Colchicin-resistenter oder Glukokortikoid-abhängiger Erkrankung darstellt. Die Behandlung mit Rilonacept führt zu einem schnellen klinischen Ansprechen mit einer medianen Auflösung der Symptome in fünf Tagen, einer Normalisierung des CRP in einem Median von sieben Tagen und einer erfolgreichen Entwöhnung von Glukokortikoiden. Zukünftige Studien sind erforderlich, um diese Behandlungsoptionen zu optimieren und die angemessene Therapiedauer zu klären.

Abschließend kann, bei unzureichender pharmako­therapeutischer Wirkung, eine Perikardektomie als Viertlinientherapie in Erwägung gezogen werden. Positive Auswirkungen sind für Patienten mit konstriktiver Perikarditis nach subtotaler chirurgischer Perikardektomie beschrieben worden. Ferner zeigte sich ein Vorteil im Langzeitüberleben nach radikaler Perikardektomie bei IRP-Patienten im Vergleich zu einer partiellen Perikardektomie mit zusätzlicher medikamentöser Behandlung.

Korrespondierende Autorin

Dr. med. Laura Nickel
Assistenzärztin für Innere Medizin und Kardiologie
Medizinische Klinik II Sana Kliniken Lübeck GmbH

laura.nickel@sana.de

Literatur bei den Autoren

Bildnachweis: Prof. Dr. med. Joachim Weil (Lübeck); privat

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