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Fokus Naturmedizin

Von Phytohormonen bis zur TCM

Naturmedizin zur Therapie von Wechseljahresbeschwerden

Prof. Dr. med. Ingrid Gerhard

18.10.2024

Während die Hormonersatztherapie (HRT) eine gängige Behandlungsoption darstellt, suchen viele Frauen nach Alternativen, die als schonender wahrgenommen werden. Dieser Beitrag stellt die wichtigsten naturmedizinischen Ansätze gegen menopausale Beschwerden vor.

Durch die extrem gestiegene Lebenserwartung wird auch die Zeit, die Frauen nach Ende ihrer fruchtbaren Phase verbringen, viel länger. Aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) treten die Wechseljahre etwa nach einem Lebensintervall von 7 × 7, also 49 Jahren ein. Bis dahin sollte die Frau ihre Aufgaben für den Erhalt der Familie erfüllt haben. Durch Ausbleiben der Blutung spart sie Energie, die nach diesem Weltbild für die geistige Reifung zur ­Verfügung steht. Grundmechanismus der Wechsel­jahresbeschwerden ist das Nachlassen der Nierenenergie Jing. Hat eine Frau viel davon verbraucht, etwa viele Schwangerschaften oder Stress jeder Art, kann das Klimakterium vorzeitig eintreten.

Schwitzen, Schlafstörungen, Depressionen und Blutungsstörungen sind zwar typische Symptome der Perimenopause – sie können aber auch andere Ursachen haben, etwa auf eine Schadstoffbelastung hinweisen. Auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten werden immer häufiger und machen ähnliche Beschwerden.

Phytoestrogene

Medikamente mit hoch konzentrierten Pflanzenstoffen sollten eigentlich immer vor einer Hormonersatztherapie versucht werden. Phytoestrogene sind pflanzliche Verbindungen, die strukturell den endogenen Estrogenen ähneln und an Estrogenrezeptoren binden können. Isoflavone, die hauptsächlich in Soja und Rotklee vorkommen, gehören zu den bekanntesten Phytoestrogenen. Eine Metaanalyse von mehreren randomisierten kontrollierten Studien (RCT) hat gezeigt, dass Isoflavone die Häufigkeit und Intensität von Hitzewallungen signifikant reduzieren können [1]. Wie immer gilt auch hier, dass die Wirksamkeit individuell unterschiedlich sein kann.

Die Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) wird traditionell bei Hitzewallungen und Schlafstörungen eingesetzt. Eine systematische Übersicht von RCT zeigt, dass Extrakte signifikant wirksamer als Placebo sind, um klimakterische Beschwerden zu lindern [2]. Es wird angenommen, dass die Wirkweise der Traubensilberkerze nicht auf einer estrogenen Aktivität basiert, sondern auf einer Modulation der Serotonin-Rezeptoren basiert [3].

Auch Brustkrebspatientinnen und Frauen unter ­Tamoxifen-Therapie dürfen sie einnehmen. 2 × täglich 1 Tablette reduzierten in Studien bereits nach 3 Wochen die Wechseljahresbeschwerden deutlich – ähnlich einer niedrig dosierten Hormontherapie. Kommen zu den körperlichen Symptomen auch seelische Beschwerden wie Verstimmungszustände, Nervosität oder Reizbarkeit hinzu, so ist die Kombination mit Johanniskraut zu empfehlen.

In einer Studie zeigte sich, dass diese Kombination signifikante Verbesserungen sowohl der psychischen als auch der somatischen Symptome im Vergleich zu Placebo bewirken kann [4]. Die antidepressive Wirkung von Johanniskraut wird auf die Hemmung der Wiederaufnahme von Serotonin, Noradrenalin und Dopamin zurückgeführt, was sich auch positiv auf das allgemeine Wohlbefinden während der Wechseljahre auswirken kann [5].

Mönchspfeffer wird primär bei Menstruationsstörungen und prämenstruellem Syndrom angewendet, zeigt jedoch auch Wirksamkeit bei der Linderung von ­Wechseljahresbeschwerden, insbesondere bei Brustspannen und Stimmungsschwankungen. Die Wirkweise ist nicht vollständig geklärt, es wird jedoch angenommen, dass dopaminerge Rezeptoren moduliert und die Prolaktinsekretion gehemmt wird [6]. Eine randomisierte Studie deutet darauf hin, dass Mönchspfeffer insbesondere bei Frauen, die unter schweren PMS-Symptomen vor der Menopause litten, auch in den frühen Wechseljahren von Vorteil sein kann [7].

Alternativ liegen auch für Extrakte aus der sibirischen Rhabarberwurzel und für Phytoestrogene auf Sojabasis positive Studiendaten vor. In der Mykotherapie hat sich bei Wechseljahresbeschwerden Reishi bewährt und auch Gelée Royale kann aufgrund seiner hormonartigen Wirkstoffe bei Hormondysbalancen helfen. Seit einigen Jahren gibt es einen patentierten Extrakt aus 3 Heilpflanzen (Cynanchum wilfordii, Phlomis umbrosa und Angelica gigas Nakai), die eine lange Tradition in der asiatischen Volksmedizin haben: menoElle. Er ist mit Vitaminen und Mineralien angereichert, die dabei unterstützen, die Hormontätigkeit zu regulieren, die psychische Funktion zu normalisieren und Müdigkeit und Ermüdung zu verringern. Die Substanzen binden nicht an die Estrogenrezeptoren und können auch von Frauen mit Wechseljahresbeschwerden bei und nach Brustkrebs eingenommen werden. Die Kräutermixtur 106 F Frauenpower aus der Eisbär Apotheke (Karlsruhe) enthält verschiedene hormonregulierende Kräuter (Ginseng, Rhodiola, Taigawurzel, Damiana, Cimicifuga, Jamswurzel, Storchenschnabel, indischer Spargel, Butea superba). Sie funktionieren sehr gut bei hormonellen Dysbalancen und bringen den ­Hormonhaushalt wieder ins Gleichgewicht.

Akupunktur, Homöopathie & Co

Auch Akupunktur als wichtiger Bestandteil der Traditionellen Chinesischen Medizin wird zunehmend als komplementäre Methode zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden erforscht. Eine randomisierte kontrollierte Studie zeigte, dass Akupunktur die Häufigkeit und Intensität von Hitzewallungen signifikant reduzieren kann [8]. Die Wirkmechanismen der Akupunktur sind komplex und umfassen die Modulation des autonomen Nervensystems sowie die Freisetzung von Endorphinen, die eine entspannende und stimmungsaufhellende Wirkung haben [9]. Weitere Forschung ist jedoch notwendig, um die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit dieser Methode zu bestätigen.

Die homöopathischen Einzelmittel Glonoinum, ­Lachesis, Pulsatilla, Rhus toxicodendron, Sanguinaria, Sepia, Sulfur und Tuberculinum zeigen alle das Symptom der Hitze und können potenziell eingesetzt werden. Ein sehr wirkungsvolles homöopathisches Komplexmittel ist Klimax-Gastreu S R10 (enthält Cimicifuga D4, Lachesis D12, Sanguinaria D4). Dosierung: bei akuten Zuständen alle halbe bis ganze Stunde bis 6 × täglich, bei chronischen Verlaufsformen 1–3 × täglich (je 5 Tropfen). Bei Besserung der Beschwerden ist die Häufigkeit der Anwendung zu reduzieren. Vor Therapiebeginn und bei längerer Anwendung sollten die Leberfunktionswerte kontrolliert werden.

Auch Schüßler-Salze können eingesetzt werden. Bei leichten bis mäßigen Beschwerden morgens, mittags, nachmittags und abends je 3–5 Tabletten im Mund zergehen lassen oder in Wasser aufgelöst in kleinen Schlucken trinken von: Kalium phosphoricum D6 (Nr. 5), Natrium sulfuricum D6 (Nr. 10), Calcium sulfuricum D6 (Nr. 12) und Silicea D12 (Nr. 11). Bei Hitzewallungen: Silicea D12 (Nr. 11). Riecht der Schweiß übel: Kalium phosphoricum D6 (Nr. 5), riecht er sauer: Natrium phosphoricum D6 (Nr. 9) oder Calcium sulfuratum Hahnemanni D6 (Nr. 18), ist er farblos wässrig: Natrium chloratum D6 (Nr. 8), bei sehr starkem Schweiß: Kalium Aluminium sulfuricum D6 (Nr. 20).

Die Bach-Blüten-Therapie ist anlassbezogen konzipiert: Gentian, wenn die Trennung vom Partner oder der vermeintliche Verlust der Kinder Schwierigkeiten macht. Gorse gegen Mutlosigkeit. Wer sich als Opfer fühlt, gar verbittert ist, probiert es mit Willow. Olive und Oak lindern Erschöpfung und das Gefühl, ausgebrannt zu sein. Wer mit dem Älterwerden hadert, weil er sich nun unattraktiv findet, nimmt Larch oder Walnut gegen die Angst vor Veränderung.

Moorbäder haben nachweislich einen guten Einfluss auf den Hormonhaushalt. Bei schweren Beschwerden ist eine Moor-Kur in mittlerem Reizklima ideal. Ebenfalls hilfreich sind Kneipp-Anwendungen und lauwarme Bäder oder Massagen mit einem Körperöl, z. B. Fenchel, Zypresse, Hopfen oder Muskatellersalbei zur Regulierung des Hormonhaushalts oder beruhigender Lavendel.

Ernährung und Nahrungsergänzungen

Der Energiebedarf sinkt in den Wechseljahren – ein Grund, warum Patientinnen in dieser Phase zunehmen. Der Verzicht auf sehr fett- und zuckerhaltige Nahrungsmittel und der Griff zu reichlich frischem Obst und Gemüse, fettarmen Milchprodukten und Ballaststoffen können hier regulierend eingreifen.

Viele Pflanzen enthalten natürliche Phytohormone. Isoflavonoide sind vor allem in Soja, Kichererbsen und anderen Hülsenfrüchten enthalten, Lignane hoch konzentriert in Leinsamen, aber auch in allen Getreiden, Mais, Früchten und Gemüsen. Sie lindern die häufigsten Symptome der Wechseljahre und sind in meinen Augen ein Grund dafür, dass Vegetarierinnen mit ihrem hohen Pflanzenverzehr kaum unter Wechseljahresbeschwerden leiden.

Gekochte Sojabohnen als Salat, Suppe oder Tofu, mit Calcium angereicherte Sojamilch und geschrotete Leinsamen sind besonders empfehlenswert. Die letzte Mahlzeit sollte nicht zu spät und auch nicht zu schwer ausfallen. Viele Frauen haben zudem gute Erfahrungen damit gemacht, den Konsum an Koffein, Alkohol und scharfen Gewürzen einzuschränken.

Scheidentrockenheit und Sexualität

Die meisten Frauen genießen ihre Sexualität während der Wechseljahre weiter oder sogar intensiver – frei von Verhütungszwängen. Eine trockene Scheide ­sollte dabei kein Problem sein. Am einfachsten ist bei Bedarf zunächst die Behandlung mit hormonfreien Zäpfchen, die den Feuchtigkeitshaushalt der Vagina regulieren und den natürlichen pH-Wert zur Infektabwehr wiederherstellen.

Die Autorin

Prof. Dr. med. Ingrid Gerhard
Albert-Überle-Straße 11
69120 Heidelberg

www.netzwerk-frauengesundheit.com

  1. Chen MN et al., Climacteric 2015; 18: 260–9
  2. Leach MJ, Moore V, Cochrane Database of Systematic Reviews 2012; CD007244
  3. Wuttke W et al., Maturitas 2003; 44: 67–77
  4. van Die MD et al., Menopause 2009; 16: 156–63
  5. Linde K et al., Cochrane Database of Systematic Reviews 2008: CD000448
  6. Loch EG et al., J Women Health Gender-Based Med 2000; 9: 315–20
  7. Halaska M et al., Breast 1999; 8: 175–81
  8. Borud EK et al., Menopause 2009; 16: 484–93
  9. Cho SH, Whang WW, Menopause 2009; 16: 1065–73

Bildnachweis: privat

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