Phytochemicals, Cannabinoide und Ceramide können die Aktivität von dermalen Tumoren beeinflussen, das zeigte sich in verschiedenen Zellmodellen. In puncto postoperative Wundheilung und Regeneration spielt die spezifische Wirkung von Flavonoiden, Vitaminen und Terpenen eine Rolle.
Weltweit steigt die Inzidenz des nicht melanozytären Hautkrebses (NMSC) an – und damit auch die Zahl der Behandelten. Das hat zur Folge, dass die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten während der Therapie mehr und mehr in den Fokus rückt. So besteht ein medical need für komplementäre Ansätze, die gut verträglich sind und möglichst wenige unerwünschte Wirkungen aufweisen. Und damit kommen natürliche Komponenten ins Spiel, die ein gutes Sicherheitsprofil haben und anerkannt wirksam bei entzündlichen und neoplastischen Hauterkrankungen sind.
In einem aktuellen Review von 2024 haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Polen und Litauen die Antitumor-Aktivitäten natürlicher Komponenten bei NMSC unter die Lupe genommen [1]. Ursächlich für NMSC ist eine lange und ungeschützte Exposition gegenüber natürlichem UV-Licht oder UV-Lampen. Das kurzwellige Licht verursacht in der Haut oxidativen Stress, der die Signalübermittlung stört – über die Transkriptionsfaktoren NF-κB/p65 und Nrf2, die Mitogen-aktivierte Proteinkinase-Kinase, die Januskinase sowie über Proteine zur Signaltransduktion und Aktivierung der Transkription. Dadurch werden bestimmte Biomoleküle verändert, was sich auf die Integrität der Hautzellen auswirkt.
Wirksame Molekülstrukturen
Von Natur aus weisen Polyphenol-Komponenten antioxidative und antiinflammatorische Eigenschaften auf, wodurch sie modulierend auf das Immunsystem und das Mikrobiom wirken. Zu dieser Substanzklasse gehören auch Gallussäure und Curcumin. Beide beeinflussen nicht melanozytäre Tumoren.
Curcumin wird aus den Rhizomen von Curcuma longa gewonnen und weist ein günstiges Sicherheitsprofil in Dosen bis zu 8 000 mg pro Tag auf. Vielversprechende Ergebnisse zeigten sich für die Anwendung bei tumorbedingtem Schmerz, Fatigue, Depression und Neurodegeneration. Speziell auf die Tumorprogression wirkt Curcumin, indem bestimmte Signalwege selektiv moduliert werden. Durch seine hydrophobe Natur und schlechte Löslichkeit ist die orale Bioverfügbarkeit von Curcumin allerdings begrenzt. Die aktuelle Forschung konzentriert sich daher auf die topische Anwendung als Nanoformulierung. So übte ein mit Curcumin beladener nanostrukturierter Film im Plattenepithelkarzinom(SCC)-Modell mit der epidermoiden Karzinoid-Zelllinie A431 eine gute Zytotoxizität aus, im Vergleich zu einem Film, der nicht beschichtet war [2]. Der mit Curcumin beladene Film hemmte effektiv die Progression von Hautkrebs bei Albino-Mäusen. Solche nanostrukturierten Filme könnten eine alternativmedizinische Behandlungsmethode bei Hautkrebs werden, schlagen die Molekularbiologen von der Mehta School of Biosciences aus Madras (Indien) vor [2].
Bei Tumoren der Haut sind onkogene Signalmoleküle wie STAT3 überexprimiert. Small interfering RNA (siRNA) ist eine kurze Doppelstrang-RNA mit einer komplementären Sequenz zur messenger RNA (mRNA) eines STAT3-Signalmoleküls. Damit reguliert siRNA die Genexpression. Im Experiment wurde ein liposomaler Nanokomplex aus Curcumin und STAT3-siRNA per Iontophorese topisch appliziert und regte bei A431-Zellen eine ausgeprägtere Hemmung des Tumorwachstums und mehr Apoptose-Ereignisse an als die Kontrollen (mit reinem Curcumin und freier STAT3-siRNA) [3]. Der schwache elektrische Gleichstrom verstärkte die Penetration des Nanokomplexes durch die Epidermis. Zukünftig könnte das Liposomen-System mit Curcumin und siRNA zur Hautkrebsbehandlung weiterentwickelt werden, betonten die Pharmazeuten aus Hyderabad (Indien) [3]. Allerdings: Ein gewichtiger Nachteil der topischen Anwendung von Curcumin ist das Risiko einer Kontaktdermatitis. Es komme also darauf an, die Formulierung weiter zu verbessern, um die Therapieantwort und Wirksamkeit zu optimieren.
Gallussäure ist ein Polyphenol, das sich in Galläpfeln, Zaubernüssen, Teeblättern und Eichenrinde findet. Bei Untersuchungen zur möglichen Antitumor-Wirkung zeigte sich, dass Gallussäure bei Basalzellkarzinom(BCC)-Linien auf das zytoplasmatische Hitzeschockprotein HSP90AB1 wirkt, das mit der Aggressivität des Tumors assoziiert ist. Gallussäure reduzierte außerdem die Migration und Proliferation, ohne die Spiegel reaktiver Sauerstoffspezies zu erhöhen oder den Tod gesunder Keratinozyten zu verursachen. Da das Adstringens auf das BCC zielt, ohne die gesunden Hautzellen zu schädigen, könnte es sich eventuell als zukünftige Behandlungsoption eignen, so ein Team von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus Montes Claros und Rio de Janeiro (Brasilien) [4].
In SCC-Zelllinien reduzierte Gallussäure die Migration und Proliferation der Zellen, förderte den Zelltod und verringerte auch hier signifikant die Spiegel des Hitzeschockproteins HSP90AB1. Das bedeute, so das Fazit der Autorengruppe, dass Gallussäure die Aggressivität und Invasivität des Plattenepithelkarzinoms beeinflusse, indem es auf tumorspezifische Proteine und Wirkstoffe ziele [4].
Wirkstoffe aus Enzian und Brokkoli
Das Alkaloid Cryptolepin stammt aus den Wurzeln von Cryptolepis sanguinolenta, einem Enziangewächs, das in West- und Zentralafrika traditionell gegen Malaria eingesetzt wird. Wie an Tumorzelllinien (SCC-13, A431, HaCaT, NHEK) deutlich wurde, aktiviert Cryptolepin die für die Tumorsuppression zuständigen p53-Signalwege, erweitert die Phosphorylierung und fördert die Apoptose. Außerdem wirkt es antiproliferativ und reguliert Enzyme und Proteine herunter, die den Zellzyklus und die Zellteilung kontrollieren [5].
Brokkoli und Brokkolisprossen enthalten signifikante Mengen an Sulforaphan. Das Senföl, typisch für Kreuzblütler wie Blumenkohl, Grünkohl und Brunnenkresse, wirkt bei verschiedenen Neoplasien, unter anderem auch beim Melanom. Bei unterschiedlichen dermalen Zelllinien (SCC-13, A431, HaCaT) verringerte Sulforaphan die Zellproliferation, -invasion und -migration. Besonders interessant: In Kombination mit Cisplatin unterdrückte Sulforaphan bei SCC-13-Zellen die Tumorbildung und reduzierte die pathogenetisch bedeutsamen Stammzellen innerhalb des Tumors. Tumorstammzellen machen nur einen kleinen Teil des Tumorgewebes aus, bestimmen aber wesentlich den Verlauf der Erkrankung. Sie erneuern sich selbst, proliferieren, differenzieren sich und befinden sich im Ruhestadium des Zellzyklus, sodass sie apoptoseresistent und resistent gegenüber Zytostatika sind. So könnte die Kombinationstherapie aus diätetisch zugeführtem Sulforaphan plus Cisplatin eine Option bei fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom sein, da es effizient die Tumorbildung unterdrücken kann, schreibt die Autorengruppe aus Baltimore (USA) [6].
Körpereigene Substanzen
Andanamid ist ein endogenes Cannabinoid, das im Zentralnervensystem von Wirbeltieren vorkommt. Beim Menschen bindet es an die Cannabinoidrezeptoren und wirkt ähnlich wie, aber weniger stark als Tetrahydrocannabinol.
Charakteristisch für den nicht melanozytären Hautkrebs ist, dass er übermäßig viel Cyclooxygenase-2 (COX-2) bildet. Dadurch unterscheiden sich die Tumorzellen von normalen Zellen. COX-2 ist für die Bildung der neuartigen J-Prostaglandine nötig. J-Prostaglandine bewirken inflammatorischen Stress im endoplasmatischen Retikulum und lösen eine Apoptose aus. Auch Andanamid kann bei verschiedenen Krebsarten eine Apoptose auslösen. Wie an murinen SCC-Zellen (JWF2) gezeigt wurde, induzierte Andanamid die Apoptose durch einen Mechanismus, der durch oxidativen Stress vermittelt wird und rezeptorunabhängig ist. Andanamid wirkt damit selektiv toxisch bei Tumorzellen, die COX-2 überexprimieren. So könnte dieses Cannabinoid ein ideales topisches Agens zur Behandlung von Malignitäten sein, die COX-2 überexprimieren, schlussfolgerte das Wissenschaftlerteam aus North Carolina (USA) [7].
Und schließlich die Ceramide. Die Glykolipide sind natürliche Membranbestandteile und schützen unter anderem die Integrität der Hautbarriere. Wie schon länger bekannt ist, wirkt die synthetische Variante, das C2-Ceramid, gegen das Melanom, indem es die Mikroumgebung des Tumors beeinflusst. C2-Ceramid erleichtert die Apoptose und die Hemmung des Zellzyklus. Gleichzeitig werden Makrophagen moduliert, was die antigenpräsentierende Kapazität verstärkt. Die Behandlung mit C2-Ceramid schwächt außerdem angiogenetische Faktoren ab und erhöht die Aktivität der zytotoxischen T-Zellen. Auch beim menschlichen SCC (HSC-I-Zellen) induzierte C2-Ceramid die Apoptose, wie anhand von dosisabhängiger Toxizität und typischen morphologischen Änderungen bestätigt werden konnte [8].
Natursubstanzen zur Wundheilung und Hautregeneration
Das postoperative Wundmanagement kann mit Verbänden aus Biopolymer erfolgen, das die Regeneration der Haut anregt. Die Heilung unterstützen natürliche Substanzen. Zum Beispiel Betulin, ein Triterpen aus der Birkenrinde. Es beschleunigt die initiale Entzündungsphase der Wundheilung, indem es kurzzeitig proinflammatorische Mediatoren abgibt. Zudem erleichtert Betulin die Migration der Keratinozyten in der wichtigen zweiten Phase der Wundheilung. Interessanterweise verbesserten auch Sulforaphane die Wundheilung, nachdem sie aus Nanoliposomen in einem Hydrogel-Gerüst freigesetzt wurden. Und wie eine klinische Studie kürzlich zeigte, verbesserte die topische Applikation von Resveratrol, Baicalin, einem Flavonoid aus Baikalhelmkraut, und Vitamin E die Elastizität und Festigkeit bei UV-geschädigter Haut und reduzierte die Hyperpigmentierung [9]. Vitamin A wiederum stimuliert den Zellumsatz in der Epidermis, beschleunigt die Wundheilung und stellt die Epithelstruktur wieder her. Dabei ist es für die Wirksamkeit unwichtig, ob die Retinoide topisch oder oral appliziert werden. Schließlich Vitamin C, das mit der zunehmenden Proliferation der Fibroblasten in der Dermis verbunden ist, einem kritischen Schritt der Wundheilung. Da während des Wundheilungsprozesses sehr viel Vitamin C verbraucht wird, ist hier eine Ascorbinsäure-Supplementation den Autorinnen und Autoren zufolge sinnvoll.
Wie die Forschung der vergangenen 10 Jahre zeigte, könnten Substanzen natürlichen Ursprungs durch ihre Antitumor-Eigenschaften eine wichtige Rolle bei der Behandlung des nicht melanozytären Hautkrebses spielen. So ist die Tumorentwicklung mit einem Übermaß an oxidativem Stress und mangelnder antioxidativer Abwehr assoziiert. Dagegen besitzen Flavonoide, Vitamine und Carotinoide, Curcumin, Sulforaphan und Betulin antioxidative Eigenschaften und wirken außerdem photoprotektiv. In der Behandlung könnten auch Phenole, darunter Cannabinoide, Alkaloide, Senfölglucoside und Glykolipide bedeutsam werden, die sich bereits in Zellmodellen als wirksam erwiesen haben.
Fakt ist, dass sich Tumorpatienten und -patientinnen häufig selbst mit Natursubstanzen behandeln, für die keine wissenschaftliche Evidenz besteht. So sollte die Kluft zwischen traditionellen und konventionellen Behandlungsansätzen überbrückt werden. Eine weitere Herausforderung ist es, die Qualität der komplementären Behandlungsansätze einzuschätzen. Das betrifft die Punkte Sicherheit, Zulassung und Formulierung. Dass es beim Einsatz natürlicher Substanzen auch auf die Applikationsart, die Zubereitung und Dosierung ankommt, betonen die Autoren und Autorinnen des Reviews besonders [1].