Bisher ermöglichte es der Deutsche Diabetes-Risiko-Test, das individuelle Risiko für Typ-2-Diabetes für die kommenden fünf Jahre vorherzusagen. Eine Studie untersuchte die Möglichkeit, den Vorhersagezeitraum auf zehn Jahre zu erweitern und validierte den neuen Score an externen Studienpopulationen [1].
Der Deutschen Diabetes Gesellschaft zufolge leiden mehr als acht Millionen Erwachsene in Deutschland an Typ-2-Diabetes (T2D) – Tendenz weiter steigend. Die Dunkelziffer der Betroffenen wird auf mehr als zwei Millionen Menschen geschätzt. Wichtig wäre daher, frühzeitig die Personen zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko aufweisen, in den folgenden Jahren an T2D zu erkranken, um der Manifestation entgegenwirken zu können.
Der vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) im Jahr 2007 entwickelte Deutsche Diabetes-Risiko-Test (DRT) ermittelt das 5-Jahres-Risiko für T2D. Er basiert auf anthropometrischen Daten wie Alter und Taillenumfang sowie Lebensstil-Faktoren wie Ernährungsgewohnheiten, Rauchen und körperliche Aktivität und berücksichtigt das Auftreten von T2D in der Familie. Der DRT-Selbsttest ist als Papierfragebogen und als Online-Test verfügbar. Im Arzt-Patienten-Setting eignet sich der Patientenfragebogen, bei dem der HbA1C- oder Nüchternblutzucker-Wert die Aussagekraft der Vorhersage erhöht.
Zugrunde liegen dem DRT Daten der EPIC-Potsdam-Studie. Die nun längere Nachbeobachtungszeit erlaubte eine Überarbeitung hin zur Vorhersage des 10-Jahres-Risikos für T2D.
Studiendesign und Ergebnisse
Für die Analyse dienten neben den Langzeitdaten der EPIC-Potsdam-Studie (25 393 Teilnehmende) auch die der EPIC-Heidelberg-Studie (23 624 Teilnehmende) sowie des Bundes-Gesundheitssurvey 1998 (BGS98)/Studie zur Gesundheit Erwachsener vom Robert Koch-Institut (DEGS1; insgesamt 3 717 Teilnehmende). Quantifiziert wurde die Vorhersagegüte unter anderem per Diskriminierung nach dem C-Index von Harrell (Abb.).
Einbezogen wurden Informationen von körperlichen Untersuchungen und Blutproben sowie von Fragen zu Lebensgewohnheiten und soziodemografischen Charakteristika, zum Krankheitsstatus und zur Medikamenteneinnahme. Sie wurden in Verbindung gesetzt mit bestätigtem Auftreten von T2D nach ICD-Code E11 nach Eingangsuntersuchung. In der EPIC-Potsdam-Studie traten in den ersten zehn Jahren 1 367 Fälle von T2D auf, in der EPIC-Heidelberg-Studie 1 223 und in der BGS98/DEGS1-Kohorte 197 Fälle.
Der DRT diskriminierte sehr gut in der EPIC-Potsdam-Studie: So wies der nicht klinische DRT mit einer Wahrscheinlichkeit von 83,4 % zukünftig Erkrankenden ein höheres Risiko zu als den Nichterkrankenden (C-Index 0,834; Abb.). Der vereinfachte Fragebogen lieferte ein ähnliches Ergebnis (C-Index 0,837) und die HbA1C-Erweiterung lag etwas höher (C-Index 0,853). Die Ergebnisse der EPIC-Heidelberg-Studie und der BGS98/DEGS1-Kohorte bestätigen die sehr gute Vorhersage (Abb.).
Der auf zehn Jahre erweiterte Vorhersagezeitraum des DRT ermöglicht eine evidenzbasierte akurate Einschätzung des individuellen Risikos für Typ-2-Diabetes bei Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren. Menschen mit erhöhtem Risiko haben so die Chance, mittels präventiver Lebensstil-Modifikationen die Manifestation von T2D zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern.
Die Autorin
Dr. rer. nat. Catarina Schiborn
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Abteilung Molekulare Epidemiologie
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke
Schiborn C et al., Dtsch Ärztebl Int 2022; 119: 651–657
Bildnachweis: Carolin Schrandt/DifE