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Allgemeinmedizin

Insulinsekretion

First-Responder-Zellen regulieren den Blutzucker

Prof. Nikolay Ninov, PhD

27.9.2024

Für die Entwicklung effektiver Diabetestherapien ist es immens wichtig, genau zu verstehen, wie unser Körper den Blutzucker reguliert. In diesem Prozess spielen nicht nur als First Responder bezeichnete β-Zellen eine wichtige Rolle, sondern auch die Synthese von Vitamin B6 [1].

Die Insulinsekretion infolge von Glucosezufuhr durchläuft 2 Phasen. In der ersten triggert die β-Zell-Depolarisation eine transiente schnelle Zunahme an intrazellulärem Ca2+ sowie die Insulinfreisetzung. In der zweiten erfolgt die Insulinsekretion kraftvoller und stoßweise. Bei Menschen mit Prädiabetes oder geschwächter Glucosetoleranz ist die erste Phase gedämpft, bei denen mit manifestem Typ-2-­Diabetes (T2D) entfällt die erste Phase und in der zweiten wird weniger und nicht mehr stoßartig Insulin ausgeschüttet.

Dass die β-Zellen in beiden Phasen nicht alle gleich empfindlich reagieren, zeigten bereits frühere Arbeiten. Und auch wir hatten in Zebrafischen eine Subpopulation von β-Zellen identifiziert, die den Ca2+-Anstieg der ersten Phase auslösen, und entsprechend First-Responder-Zellen genannt. Die Laser-Ablation dieser Zellen kann die Ca2+-Antwort auf eine Glucosestimulation abschwächen, was sie in den Fokus der Forschung rückt. Eine Analyse der β-Zellen in ihrer natürlichen Umgebung (in Zebrafischen) mittels intravitaler Mikroskopie sollte weiteren Aufschluss über die Heterogenität der β-Zellen geben [1]. Um gezielt bestimmte Zellen in den Fischen zu depolarisieren oder hyperpolarisieren, nutzten wir die Optogenetik und entwickelten transgene Zebrafisch-­Linien, was uns ermöglichte, β-Zellen stabil zu markieren und damit an der Schwelle des Glucose-stimulierten Ca2+-Influx zu unterscheiden.

Wichtige Beziehung zwischen First-Responder- und Nachfolger-Zellen

Auf 3 konsekutive Glucosestimulationen reagierten die First-Responder-Zellen mit dem schnellsten Ca2+-Anstieg. Bei den langsamer reagierenden Folgerzellen zeigte sich eine positive Korrelation zwischen der Entfernung zu den First Respondern und der Zeit bis zur Antwort auf die Glucosezufuhr.

Die Inhibierung der First-Responder-Zellen mittels Optogenetik bewirkte eine deutlich stärkere Reduktion des Calcium-Inoneneinflusses im Vergleich zur Inhibierung der Folgerzellen. Vermutlich lösen bei der Inhibierung der First-Responder-Zellen andere β-Zellen die Ca2+-Antwort aus, allerdings mit geringerer Effizienz.

Die Licht-regulierte Depolarisation einzelner β-Zellen in einem bestimmten Areal ergab, dass 45 % keine weiteren β-Zellen außer den unmittelbar benachbarten co-aktivieren. Etwa 24 % aktivieren darüber hinaus 4–5 weitere Zellen (25–75 % der Zellen). Und 14 % zeigen ein hohes Potenzial der Koordination der β-Zell­aktivität, indem sie fast alle β-Zellen co-aktivieren. Dies weist auf eine Hierarchie unter den β-Zellen hin.

Weitere Untersuchungen zeigten, dass bei 5 von 7 Zebrafisch-Larven die First-Responder-Zellen diejenigen mit dem höchsten Potenzial für das Rekrutieren anderer β-Zellen waren. Generell konnten die Zellen mit der schnellsten Reaktion auch die meisten Nachbar-Zellen co-aktivieren.

Vitamin-B6-Synthese-Enzym PNPO als essenzieller Faktor

Schließlich untersuchten wir den Zusammenhang zwischen First-Responder-Zellen und Pyridoxin-5‘-Phosphat-Oxidase (PNPO), einem Enzym für die Produktion von Pyridoxal-Phosphat (PLP), der ­aktiven Form von Vitamin B6. Die Assoziation der PNPO-Aktivität in Insulin-exprimierenden Neuronen mit der Glucoseregulation in Fruchtfliegen ­sowie die epidemiologischen Verbindungen zwischen einem Vitamin-B6-Defizit und metabolischen Erkrankungen machen PNPO zu einem interessanten Therapie-Target.

Mithilfe der Einzelzell-RNA-Sequenzierungsanalyse entdeckten wir, dass PNPO im Pankreas des Zebrafischs nur in 4 % der Insulin-exprimierenden Zellen ausgeschüttet wird. Diese Zellen schienen eine hohe metabolische Aktivität aufzuweisen. Im menschlichen Pankreas weisen 11 % der β-Zellen PNPO auf. Mit hoher Sensitivität offenbarte ein innovativer In-situ-Hybridisierungsassay an Zebrafisch-Pankreaten, dass 45 % der β-Zellen keine PNPO-Expression aufweisen, 35 % nur einen entsprechenden Transkriptionsabschnitt, 15 % 2 und nur 5 % 3 oder 4 Transkriptionsabschnitte haben. Wir konnten unsere Vermutung bestätigen, dass die First-Responder-Zellen die PNPO-reichen sind.

Um herauszufinden, welche Bedeutung Vitamin B6 bei der β-Zell-Ca2+-Aktivität zukommt, schalteten wir deren Produktion im Pankreas von Zebrafischen aus, was die Reaktion der β-Zellen auf eine Glucosestimulation deutlich abschwächte. Auch die pharmakologische Inhibition der Vitamin-B6-Synthese in kultivierten Mäuse-Pankreaten dämpfte die Reaktion der β-Zellen auf eine Glucosestimulation. Demnach ist die Vitamin-B6-Produktion nicht nur ein Marker für First-Responder-Zellen, sondern auch essenziell für die Blutzuckerkontrolle durch diese.

First-Responder-Zellen stellen eine funktionell unterschiedliche Gruppe von β-Zellen dar, die die Pankreas-Aktivität über die Initiierung der Ca2+-Antwort auf eine Glucosezufuhr in der ersten Phase kontrollieren. Den Zusammenhang zwischen niedrigen Vitamin-B6-Spiegeln und T2D gilt es genauer zu untersuchen, um neue Ansätze für die Diabetestherapie identifizieren bzw. entwickeln zu können.

Der Autor

Prof. Nikolay Ninov, PhD
Center for Regenerative Therapies Dresden at TU Dresden
Paul-Langerhans-Institut Dresden (PLID)

nikolay.ninov@tu-dresden.de

  1. Degadillo-Silva LF et al., Sci Adv 2024; 10: eado4513
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Bildnachweis: privat

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