Die Ursache von Gesichtsschmerzen ist vielfältig. Die Trigeminusneuralgie ist aufgrund ihrer prägnanten Symptomatik gut zu diagnostizieren. Aktuelle Erkenntnisse zu Diagnostik und Therapie sind in der 2023 aktualisierten Leitlinie zusammengefasst [1].
Trigeminusneuralgie ist eine Form des Gesichtsschmerzes, die mit einer typischen klinischen Präsentation auftritt: wiederkehrende, einschießende elektrisierende Schmerzen im Versorgungsgebiet eines der Trigeminusnervenäste, meist des N. maxillaris oder N. mandibularis. Typischerweise sind die Schmerzen auf das Versorgungsgebiet der Trigeminusäste begrenzt und einseitig. Durch Sprechen oder Berührung im betroffenen Areal können die Schmerzattacken ausgelöst werden. Diese dauern Bruchteile einer Sekunde bis maximal 2 Minuten. Die Frequenz der Attacken reicht bis zu Hunderten pro Tag. Neben monatelangen Schmerzphasen kann es auch zu Schmerzremissionen über Jahre kommen.
Die Lebenszeitprävalenz der Trigeminusneuralgie liegt zwischen 0,16 und 0,7 % [2-5]. Das mittlere Erkrankungsalter beträgt 53–57 Jahre. Frauen sind häufiger betroffen als Männer [6,7].
Die Diagnose der Trigeminusneuralgie (Tab. 1) erfolgt gemäß der Internationalen Kopfschmerzklassifikation ICHD-3 [8].
Die neuen Diagnosekriterien unterscheiden zwischen klassischer, sekundärer und idiopathischer Trigeminusneuralgie (Tab. 2).
Als Grundlage für die diagnostische Zuordnung wird neben der Anamnese und klinischen Zuordnung die Stellung des diagnostischen cMRT mit Darstellung des Trigeminusnervs am Eintritt in den Kleinhirnbrückenwinkel hervorgehoben. Hintergrund: Für die klassische Trigeminusneuralgie ist bei relevantem Gefäß-Nerven-Kontakt im Kleinhirnbrückenwinkel mit der neurovaskulären Dekompression eine gezielte Therapie möglich.
Bei Verdacht auf Trigeminusneuralgie ist es deshalb entscheidend, neben dem Beginn einer Therapie mit Carbamazepin, eine bildgebende Diagnostik zu veranlassen. Die neue Leitlinie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), die auch in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) entstanden ist, enthält Vorgaben für relevante diagnostische MRT-Sequenzen. In der Abb. wird der klinische Pfad dazu dargestellt.
Medikamentöse Therapieoptionen
Von Trigeminusneuralgie Betroffene leiden an großen erkrankungsbedingten Alltagseinschränkungen. Deshalb müssen Diagnostik und Therapie konsequent verfolgt werden. Als Erstlinientherapie ist Carbamazepin indiziert, bei mangelnder Verträglichkeit Oxcarbazepin, welches aber off-label eingesetzt wird. Phenytoin ist zur Therapie der Exazerbation der Trigeminusneuralgie zugelassen, jedoch aufgrund von pharmakologischen Interaktionen und Nebenwirkungen nur begrenzt einsetzbar bei den zumeist älteren Patienten und Patientinnen. Eine Off-Label-Alternative kann hier Lacosamid sein. Weitere off-label eingesetzte Medikamente der zweiten Wahl sind z. B. Gabapentin/Pregabalin, Lamotrigin, Onabotulinumtoxin A und Baclofen.
Operative Therapieverfahren
Wenn medikamentöse Therapien unzureichende Wirkung zeigen oder nicht tolerierbare Nebenwirkungen haben, sollte der Einsatz operativer Therapieverfahren geprüft werden. Dabei erfolgt die Selektion der operativen Methode nach der Klassifikation der Erkrankung und im Zuge einer informierten Entscheidungsfindung mit der Patientin oder dem Patienten, wobei allgemeine Operations- und Narkoserisiken beachtet werden sollten.
Zu den untersuchten und wirksamen Methoden gehören die mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta und perkutane Verfahren im oder am Ganglion Gasseri, ebenso die Radiochirurgie, jedoch mit weniger Evidenz für eine Symptomreduktion [1]. Für neue neuromodulative Stimulationsverfahren gibt es bislang nur Fallberichte und kleine Kohortenstudien [1].
Mehr praxisrelevantes Wissen finden Fachkreise online im Migräne- und Kopfschmerz-Guide unter www.mk-guide.org, einem Projekt der DMKG-Initiative „Attacke! Gemeinsam gegen Kopfschmerzen“.
Die Autorin
Prof. Dr. med. Gudrun Goßrau
Fachärztin für Neurologie – Spezielle Schmerztherapie
Universitäts SchmerzCentrum
Technische Universität Dresden
Bildnachweis: privat