Bei unzureichendem Ansprechen auf Antihistaminika und Omalizumab stehen bei chronischer spontaner Urtikaria (csU) aktuell keine weiteren zugelassenen Optionen zur Verfügung. In Phase-III-Studien hat der in der klinischen Prüfung befindliche Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitor Remibrutinib gute Ergebnisse gezeigt.
Kaum eine andere Hauterkrankung schränkt die Lebensqualität stärker ein als die csU. Am höchsten ist die Inzidenz in der Altersgruppe der 20- bis 40-Jährigen, für die die Erkrankung in dieser entscheidenden Phase der beruflichen und privaten Lebensplanung eine enorme Belastung darstellt. In den meisten Fällen liegt der csU eine Typ-IIb-Autoimmunität zugrunde, erläuterte Dr. med. Thomas Buttgereit (Berlin). Mit der Bestimmung von C-reaktivem Protein (CRP), Eosinophilen und Basophilen reichen wenige Laborwerte aus, um den Typ der Autoimmunität zu bestimmen. IgE-vermittelte Allergien sind bei der csU nur sehr selten ursächlich.
Hinsichtlich der Therapie wird in der S3-Leitlinie zur Klassifikation, Diagnostik und Therapie der Urtikaria empfohlen, „eine vollständige Kontrolle der Urtikaria anzustreben und dabei so weit wie möglich die Sicherheit und Lebensqualität aller Patient:innen jeweils individuell zu berücksichtigen“. Bei einer in Deutschland durchgeführten Online-Befragung (12/2018–01/2019) war die chronische Urtikaria jedoch bei rund 80 % der 1 037 Befragten nicht kontrolliert. Dabei gaben 64,4 % an, aktuell in dermatologischer Behandlung zu sein. Nach hochdosierten Antihistaminika (off-label) und Omalizumab sind bei csU für therapieresistente Fälle aktuell keine weiteren effektiven und sicheren Optionen zugelassen. Diese Versorgungslücke sollte durch neue Präparate-Zulassungen geschlossen werden, so Buttgereit.
Phase-III-Daten zu Remibrutinib
Ein neuer therapeutischer Ansatz bei csU sind Inhibitoren der Bruton-Tyrosinkinase wie der in der klinischen Prüfung befindliche, oral einzunehmende Wirkstoff Remibrutinib zur Reduktion der IgE-Autoantikörper. Zu Beginn der Phase-III-Studien REMIX-1 und -2 erhielten 470 bzw. 455 Personen mit csU, deren Symptome durch H1-Antihistaminika unzureichend kontrolliert waren, 24 Wochen lang 2-mal täglich 25 mg Remibrutinib oder Placebo. Unter Umstellung von Placebo auf Remibrutinib erfolgte danach die offene Nachbeobachtung. Etwa 30 % der Eingeschlossenen waren mit Omalizumab vorbehandelt. Wie Prof. Dr. med. Martin Metz (Berlin) berichtete, zeigte sich unter Remibrutinib im wöchentlichen Urtikaria-Aktivitätsscore (AUS-7) nach 12 Wochen ein signifikanter Rückgang des Schweregrades um durchschnittlich -20,1 (REMIX-1) bzw. -19,6 Punkte vs. -13,8 bzw. -11,7 Punkte unter Placebo (p ≤ 0,001; primärer Endpunkt). Schon nach 2 Wochen waren etwa zwei Drittel des Therapieeffektes eingetreten. In Woche 12 hatten rund 50 % der mit Remibrutinib Behandelten einen AUS-7 ≤ 6 und 31,1 % bzw. 27,9 % mit einem Wert von 0 eine komplette Remission erreicht. Hinsichtlich der Sicherheit zeigte sich keine gesteigerte Rate an Leberwerterhöhungen gegenüber Placebo. In einer Phase-IIb-Studie hatten sich Behandelte mit und ohne Vortherapie mit Omalizumab im Ansprechen auf Remibrutinib nicht unterschieden.
Pressegespräch „Am Horizont: Chancen und Potentiale der csU-Therapie“ (Veranstalter: Novartis Pharma GmbH), Berlin, November 2023