Beim Takotsubo-Syndrom kommt es nach emotionalem oder körperlichem Stress zu den Symptomen eines Myokardinfarkts und/oder einer akuten Herzinsuffizienz. Trotz vergleichbarer Prognose zum Myokardinfarkt gibt es bislang keine evidenzbasierte Therapie. Ein neuer Therapieansatz könnte hier zukünftig Abhilfe schaffen.
Klinisch präsentiert sich das Takotsubo-Syndrom (TTS, Broken-Heart-Syndrom) als akutes Koronarsyndrom im Sinne eines STEMI oder NSTEMI. Betroffen sind zu 90 % Frauen nach der Menopause. In zwei Drittel der Fälle geht dem Geschehen ein emotionaler oder physischer Stressor voraus, in einem Drittel der Fälle lässt sich kein Auslöser eruieren.
Im EKG zeigen sich Endstreckenveränderungen und eine charakteristische QTc-Verlängerung sowie häufig eine Niedervoltage. Bei den Biomarkern hat die initiale Troponinelevation prognostische Relevanz, ist allerdings meist geringer ausgeprägt als beim Myokardinfarkt. Aufgrund der Präsentation und Troponinkinetik analog zum Myokardinfarkt ist in der Regel eine Koronarangiografie indiziert. Hier demaskiert sich das TTS typischerweise durch das Fehlen einer signifikanten Koronarobstruktion mit in der Angiografie oder Echokardiografie deutlicher basaler Hyperkontraktilität bei apikaler Ballonierung und transienter Pumpfunktionseinschränkung des linken Ventrikels ohne Korrelation zu den Koronarterritorien. Eine rechtsventrikuläre Beteiligung ist in bis zu 30 % der Fälle beschrieben. Differenzialdiagnostisch kommen auch eine Myokarditis oder ein reperfundierter koronarer Verschluss infrage.
Beim TTS zeigt sich in etwa 80 % der Fälle eine „typische“ apikale Ballonierung. Weitere mögliche Muster der Kontraktilitätsstörung können sich mittventrikulär, invers oder sogar fokal darstellen. Es gibt verschiedene diagnostische Kriterien, jedoch bislang ohne allgemein anerkannten Konsens. Die Diagnose gilt als gesichert, wenn sich die Pumpfunktion im Verlauf wieder erholt oder bei Nachweis eines typischen myokardialen Ödems und Inflammation der betroffenen Segmente in der kardialen MRT.
Klinische Relevanz und Prognose
Das TTS ist für etwa 3 % der vermuteten akuten Koronarsyndrome verantwortlich – das macht bei Frauen bis zu 7 % aus. Es ist davon auszugehen, dass die Inzidenz des TTS deutlich unterschätzt wird, da es vermutlich auch weniger ausgeprägte Varianten mit vergleichbarer neurokardiogener Pathophysiologie gibt. Ein Myokardschaden ohne koronare Obstruktion findet sich beispielsweise bei bis zu 60 % der Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten mit nachweislicher prognostischer Relevanz. Hierfür scheint vor allem eine Beteiligung des Inselcortex ein Risikofaktor zu sein.
Die Prognose des TTS wurde lange als günstig eingeschätzt. Die Daten des InterTAK-Registers zeigen allerdings eine jährliche Rate schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse von 9,9 % sowie eine Sterblichkeit von 5,6 % pro Patientenjahr. Im ersten Jahr scheint die Sterblichkeit überwiegend kardiovaskulär bedingt zu sein, wohingegen im Langzeitverlauf Infektionen und Krebserkrankungen eine größere Rolle spielen. Insbesondere Männer weisen beim TTS eine deutlich schlechtere Prognose auf.
Akute Komplikationen umfassen die akute Herzinsuffizienz (12–45 %), LVOT-Obstruktion (10–25 %), Mitralklappeninsuffizienz (14–25 %), kardiogener Schock (6–20 %), Vorhofflimmern (5–15 %), LV-Thrombus (2–8 %), Herzstillstand (4–6 %), AV-Block (ca. 5 %), Tachyarrhythmie (2–5 %), Bradyarrhythmie (2–5 %), Torsade de pointes (2–5 %), VT / VF (ca. 3 %) und Tod während der initialen Hospitalisation (1–5 %).
Gängige Prognose-Scores basieren auf den großen TTS-Registern (GEIST- und InterTAK-Register) und beinhalten als ungünstige Prädiktoren unter anderem das männliche Geschlecht, eine neurologische Erkrankung oder einen physischen Trigger, eine rechtsventrikuläre Beteiligung, die Schwere der akuten Herzinsuffizienz sowie ein Alter > 70 Jahre und einen Diabetes mellitus.
Therapeutische Ansätze
Eine spezifische evidenzbasierte Therapie steht bislang nicht zur Verfügung. Die Betroffenen erhalten zunächst eine leitliniengerechte Herzinsuffizienztherapie. Registerdaten weisen auf einen positiven Effekt von ACE-Hemmern und Angiotensin-Rezeptorblockern auf das Überleben hin.
Katecholamine sind im kardiogenen Schock kontraindiziert, da hohe Katecholaminspiegel beim TTS eine hohe pathophysiologische Relevanz zu haben scheinen. Hier werden alternativ der Einsatz von Levosimendan als Calcium-Sensitizer oder die Implantation einer Mikroaxialpumpe sowie extrakorporale Herzunterstützungsverfahren empfohlen.
Jüngere Daten weisen beim TTS auf eine Katecholamin-induzierte myokardiale Inflammation mit Exazerbation des Myokardschadens und prognostischer Relevanz hin. Im Mausmodell konnte eine initiale kurzzeitige systemische Calcineurin-Inhibition durch die Gabe von Cyclosporin A (CsA) den Myokardschaden, die akute Herzinsuffizienz und die Sterblichkeit reduzieren. Basierend auf diesen Daten startet dieses Jahr eine vom Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) geförderte multizentrische Phase-II-Studie „Cyclosporine In Takotsubo syndrome (CIT)“, welche den therapeutischen Effekt einer kurzen Hochdosis-CsA-Therapie auf den Myokardschaden bei Erkrankten mit akutem TTS und hoher Wahrscheinlichkeit für intrahospitale Komplikationen sowie schlechter Prognose untersucht (CIT-DZHK29; NCT05946772).
Der Autor
Dr. med. Bastian Bruns
CIT-Studienteam Department Kardiologie, Angiologie und Pneumologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Der Autor
Prof. Dr. med. Norbert Frey
Ärztlicher Direktor CIT-Studienteam
Department Kardiologie, Angiologie und Pneumologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Literatur bei den Autoren
Bildnachweis: privat; © Department Kardiologie, Angiologie und Pneumologie – Universitätsklinikum Heidelberg